Freitag, 22. Januar 2010

Makar Sankranthi

Freitag, 15. Januar 2009

 

Zwischen all den Tanzproben und dem langwierigen Herumreisen durch ganz Mumbai habe ich gestern wieder einen neuen Feiertag im Hindukalender kennengelernt. Makar Sankranthi wird gefeiert, sobald sich die Erde so weit gedreht hat, dass die Sonne wieder mehr die nördliche Erdhemisphäre bescheint. Praktisch gesehen werden die Tage nun wieder länger – die Sommerzeit beginnt!

Um die (ach so kalte) Winterzeit zu verabschieden, tragen an diesem Tag viele Inderinnen schwarze Sarees. Dies wird sonst selten gesehen, normalerweise kann man hier in Indien so ziemlich jede Farbnuance als Saree getragen finden, außer Schwarz, das als Unglück verheißend gilt, und Weiß, das nur von Trauernden getragen wird. Dabei ist gerade Weiß für uns Europäer doch das Symbol für Frieden, Unschuld und Reinheit!

Die Zeit um Makar Sankranthi ist außerdem bekannt als eine günstige Zeit zu sterben. Es heißt, die Wahrscheinlichkeit einer Wiedergeburt werde deutlich reduziert, stirbt man in den nächsten Wochen. So ergab es sich, dass eine Figur der Indischen Mythologie mit Namen Bheeshmah Pitamah ein halbes Jahr lang wartete, sich dabei auf ein Bett aus Pfeilspitzen schlafen legte, das seinen Tod vor Makar Sankranthi verhinderte, und sich schließlich im Nirvana wiederfand.

Was bestimmt nichts mit dem Anbruch der “Zeit zu sterben” zu tun hat, ist die erscheckend hohe Suizidrate in Mumbai und ganz Maharashtra. Jeden Tag wird in der Times Of India von neuen Todesfällen berichtet; besonders Schüler und Schülerinnen scheinen so sehr unter Depression zu leiden, dass sie ihrem Leben ein Ende machen. Viele Psychologen erklären die durchschnittlich 21 Fälle im Monat mit Schulstress, Lerndruck, gerade in der Zeit der Examina. Es ist doch erschreckend, sehr die Zukunft Indischer Jugendlichen von guten Schulnoten abhängt.

 

Zum Anlass der neuen Saison wird ein Teil der neuen Ernte den Göttern dargebracht, indem es öffentlich verbrannt wird. Dazu gibt es laute Musik und Tanz. Wie könnte es in Indien auch anders sein? Die passende Süßigkeit nennt sich Til Gul Ladoo, sie hat etwa die Größe und Form eines Tischtennisballs, besteht aus Sesamkörnern, Erdnussstückchen und honigartiger Klebmasse und ist zum Zähne ausbeißen! Zumindest ich hatte anfangs schon so meine Schwierigkeiten, die harte Kugel zu knacken.

Auch mein Rotaryclub hat den Tag gefeiert. Ein ausgiebiges Abendessen wird abgerundet mit der Vergabe von Til Gul Ladoo. “Til gul ghya, ghod ghod bola” bedeutet “Nimm die süße Kugel und sprich genau so süß”, eine andere Bedeutung ist: “Lasst uns alle so zueinenderhalten, wie die Sesamkörner aneinenderkleben”. Bei dieser kleinen, aber fröhlichen Festlichkeit durfte ich sogar dabei helfen, den Frauen einen roten und gelben Punkt auf die Stirn zu tupfen und ihnen Parfüm aufs Handgelenk zu geben. Diese Rituale sind mir ja mittlerweile geläufig!

 

Ich bin fast täglich unterwegs – im Zug, Bus oder mit Rickshaw. Oft werde ich angesprochen, wo ich herkomme, wie ich mich zurechtfinde, ob ich Indien mag... Die Menschen hier sind sehr offenherzig und neugierig, man bekommt immer viele Einladungen zum Indischen reichhaltigen Dinner mit Reis, Gemüse, Paneer (Ersatzkäse) und Chapati.

Während unserer Tanzstunden lernen wir Austauschschüler so viele neue Bewegungen und Ausdrücke, manche kennen wir schon von der Indischen Gestik, andere, die mir immer so einfach vorkommen, wenn ich Indischen Tanz ansehe, sind doch recht kompliziert. Vor allem die Koordination von Fußarbeit, Handbewegungen, Gesichtsausdruck und einer aufrechten Körperhaltung fällt anfangs schwer. Aber wir kommen voran! Mit der fröhlichen Bollywoodmusik vergisst man schnell die Zeit. Wir freuen uns auf die District Conference im Februar, wenn wir endlich aufführen.

 

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Rotary-Austauschschülerin nach Mumbai