Mittwoch, 30. Dezember 2009

Weihnachtszeit in Mumbai

"Schneefloeckchen, Weissroeckchen, wann kommst du geschneit?" ...Darauf kann ich hier bei 27 Grad wohl noch lange warten. Letztes Jahr sollen die Temperaturen in Mumbai auf ca. 20 Grad runtergegangen sein, doch die letzten Tage ueber ergaben kaum einen Unterschied zu der normalen Hitze. Zugegeben, morgens und abends war es verhaeltnismaessig kuehl, aber das hing wohl eher mit der gruenen, frischen Umgebung zusammen, in der wir Austauschschueler die Vorweihnachtszeit vom 20. bis zum 24. Dezember verbracht haben.
Es ist mir selbst komisch vorgekommen, denn es herrschte eine angenehme Ruhe, obwohl wir im Zentrum Mumbais wohnten. Die Luft war genießbar, es gab große Parkanlagen und Sportplätze und es wurde sogar alles sauber gehalten! IIT Campus nennt sich dieser Ort, er ist, wie auch der Nationalpark Mumbais, eine Oase in der lärmenden Stadt. Das Gelände wird als Lern- und Forschungszentrum genutzt und hält viele Hostels für Schüler, Schülerinnen und Lehrer bereit. Es ist wie eine kleine Welt für sich, die einmal im Jahr überschwemmt wird vom größten College Festival ganz Asiens: "Mood Indigo"!
Über fünf Tag fanden sich im IIT Campus Mumbai tausende von Jugendlichen zusammen, es wurden Workshops angeboten, Vorführungen von klassischer Zittermusik bis hin zu Hip Hop und Metal Rock fanden statt und, nicht zu vergessen, konnte man sich für große Wettbewerbe einschreiben, bei denen es tolle Preise zu gewinnen gab. Zwischen all den Aktivitäten - Tanz, Gesang, Zeichnen, Malen, Schnitzen, Collagieren, Fotografieren, Schreiben, Schauspielern,... - gab es also kaum Zeit, das traute Heim und die gemütlichen Weihnachtstage im familiären Kreis zu vermissen. Die Highlights fanden fast immer Abends statt: Dem Rockkonzert am ersten Tag folgte eine wirklich gelungene Fashionshow, am dritten Abend stand Klassische Indische Musik mit Gesang auf dem Plan, am 23. trat eine Israelische Trommelband auf, die uns Austauschschüler sogar später noch auf einen Kaffee in den VIP-Bereich einlud und die Tanzvorführungen am Heiligabend rundeten die erlebniseiche Zeit schließlich ab. Auch Michael und ich haben die Gelegenheit nicht verstreichen lassen und am 24. eine kurze, selbst ausgedachte Choreographie aufgeführt. Aneinandergehängte Teile der Tänze Quickstep, Wiener Walzer, langsamer Walzer, Tango und Discofox brachten uns von zehn Teilnehmern den dritten Platz und damit einen einmonatigen Salsakurs ein. So ein schönes Weihnachtsgeschenk!

Nachdem mich meine Gasteltern wieder vom IIT Campus abgeholt hatten, fuhren wir zu Freunden der Familie und hatten dort einen gemütlichen Abend, gutes Indisches Essen und natürlich gab es viel zu erzählen. Ich hatte nachts dann glücklicherweise auch noch die Möglichkeit, nach Deutschland zu skypen und meiner Familie und meinen Freunden fröhliche Weihnachten zu wünschen.
Wie ich schon von erfahrenen Austauschschülern der letzten Jahre gehört habe, ist die Weihnachtszeit wohl diejenige, in der das Heimweh besonders zuschlägt. Wenn man so gar nicht an Jahresende denkt und bei den scheinbar zeitlosen hohen Temperaturen, im ewigen Sonnenschein Indiens so dahinlebt, könnte es schon passieren, dass man das zweitgrößte Fest im Kirchenjahr schmerzlos vergisst. Zumindest solange seine Liebsten einem nicht auf dem Computerbildschirm zuwinken!

Am 26. Dezember fand dann die wieder aufmunternde Weihnachtsfeier mit allen Inbounds und Indischer Rotaryjugend statt. Jeder hatte, wie vorher verabredet, ein Wichtelgeschenk und einen mehr oder minder typischen Weihnachtssnack aus seinem eigenen Land dabei. Wir Deutschen trugen mit selbstgemachten Vanillekipferln und Butterplätzchen zu einem gelungenen Festmahl bei. Das Backen hat Spaß gemacht, und obwohl es mangels Ofen etwas langwieriger war als daheim, wurde unser Mikrowellengebäck hoch gelobt.
Wir spielten Spiele, brachen die Pinata der Mexikaner auf (Ein als Kuh verkleideter Ballon mit vielen Bonbons und Schokolädchen darin), verteilten die Wichtelgeschenke und genossen die sternenklare Nacht.
Zugegeben, es ist etwas abgekühlt. Ein Jäckchen kann nachts nicht schaden, und doch war es zuerst ein lustiges Gefühl, im ärmellosen Sommerkleidchen Weihnachten zu feiern. Eigentlich bin ich angesichts der -15 Grad in Bad Kreuznach doch ganz froh, in Indien zu sein!

Freitag, 11. Dezember 2009

Wüstentrip Rann Utsav

Freitag, 4. Dezember 2009

Gujarat


Scheinbar unendlich zieht sich der feine Sand bis an den vom Staub verwischten Horizont. Außer verdorrten Büschen, die einem höchstens bis ans Knie reichen, Sand und ein paar verlorenen Steinen gibt es in der Wüste Gujarats nichts als prallen Sonnenschein und Stille.

...Naja, so still ist es gar nicht, denn wir Austauschschüler sind wieder unterwegs! Diesmal sind wir zu einem Festival namens “Rann Utsav”eingeladen worden, das drei Tage andauert und uns mit der Weite der Wüste und mit dem Gebiet Gujarat, der Heimat Gandhis, bekannt machen soll.

Das Programm begann schonmal gut: Wir wurden in Zweiergruppen eingeteilt und in Zelte eingewiesen. Wir hatten vorher schon gehört, dass wir die Zeit über in Zelten übernachten würden und hatten uns ein Zeltlager mitten in der Wüste etwa wie ein klappriges Holzgestell mit Lumpen überdeckt vorgestellt, Wasser holt man sich am Brunnen und alle zwei Stunden muss man die Heringe wieder in den Sand zurücktreten weil der Wind so stark ist. Zum Glück haben wir uns ganz gewaltig geirrt! Unsere Zelte waren kleine Bungalows, man konnte nicht nur aufrecht darin stehen, es hatten gar zwei wunderbar weiche und fertig bezogene Betten, ein kleiner Tisch, ein Heizkörper für die kalten Nächte und eine Bank für die Koffer Platz. Das Beste aber war der hintere Teil des Zeltes, das Badezimmer, das man mit einem Reisverschluss flugs vom “Wohnbereich” abtrennen konnte. Es beinhaltete ein Waschbecken, eine westliche (!) Toilette und eine Dusche bestehend aus einem Duschkopf, einem Wasserhahn und Eimern. Es gab sogar warmes Wasser, das allerdings eher sandfarben als durchsichtig war. Aber kalt duschen stärkt ja bekanntlich die Abwehrkräfte!

Nein, wir konnten uns wirklich nicht beklagen. All unsere Zelte standen in einer Reihe und lagen außerdem sehr nah an denen der Austauschschüler aus Pune und anderen Teilen Indiens, die auch zum Festival angereist waren und mit denen wir schnell Bekanntschaft machten.

Schon am ersten Abend fuhren wir zum Hamirsar See in Bhuj, wo wir der Rede des Indischen Chief Minister Narendra Modi lauschten und einem Karnevalszug zusahen, der mitsamt Tanz, lauter Trommelmusik und Gesang, geschmückten Kamelen und Pferden und dem abschließenden Feuerwerk schon spektakulär war. Zwischendurch wurden wir mit Studentenfutter und Wasser versorgt, allein an Pullis oder Wolljacken fehlte es, da zumindest wir Mumbaianer nicht mehr an Abendfrische gewöhnt waren. Wirklich, so heiß es tagsüber auch sein mochte, des Nachts war jeder froh über sein Heizöfchen und die flauschigen Decken, die im Zelt für uns bereit lagen.

Der zweite Tag begann mit einer Wüstentour bis an die Grenze zu Pakistan, bei der wir den See Narayan Sarovar sahen, der mich unmittelbar an den Aralsee erinnerte. Es lag eine breite, schneeweiße Salzschicht zwischen Wasser und Sand, der man angesichts der prallen Sonne fast beim größer werden zusehen konnte. Abends konnte man dann das Salz, das man mittags von Weitem bestaunt hatte, sogar fühlen: Auf dem “White Rann”, einem Teil der Wüste Gujarats, der ganz von Salz bedeckt ist, fand ein Kulturprogramm statt. Zitterspiel und der Gesang alteingesessener Gujaratis zu Khataktanz zeigte uns, “wie die Wüste klingt”. Wir versuchten, den Abend so gut es ging mit unseren Kameras einzufangen, doch war es kaum möglich – das Salz unter den Füßen, einen violetten Himmel mitsamt Vollmond und dieses unglaubliche 360°-Und-Nichts-Als-Kamele-Am-Horizont-Gefühl fassen nicht einmal echte Kreuznacher Linsen der Firma Schneider.

Am letzten Tag wurden wir zu einer alten Villa mitgenommen, die einst von Britischen Adeligen erbaut und eingerichtet worden war. Die hohe Zimmerdecke, die Möbel aus Ebenholz und ausgestopfte Tierköpfe an der Wand verliehen dem Wohnzimmer einen Europäischen Charakter, sodass man Indien für einen kurzen Moment vergaß. Um Mitbringsel und Andenken zu kaufen fuhren wir nachmittags auf einen großen Markt, auf dem die typischen Textilien mit bunten Stickereien und eingearbeiteten Spiegelchen angeboten wurden. Ob Tisch- oder Bettdecken, Jacken oder Taschen in verschiedenen Formen und Farben; alles war mühsame Handarbeit, die sich die Verkäufer hoch bezahlen ließen. Auch gab es Holz- und Lederwaren, Schmuck und große, reichlich verzierteTontöpfe, die sich leider nicht so gut zum Mitnehmen eigneten.

Den letzten, etwas trübseligen Abend, da der Abschied von den anderen Austauschschülern kurz bevor stand, verbrachten wir am Strand. Hatten manche von uns bisher noch auf keinem Kamel gesessen, so war dies die ultimative Gelegenheit! Wie bestellt schienen bestimmt 20 Kamele nur darauf zu warten, uns dem immer dunkler werdenden Himmel ein Stück näher zu bringen. Oder besser: Ihre Herrchen scheinen schon zu wissen, wo Touristen gerne den Abend verbringen.

Unser Aufenthalt endet mit einem Rotarytreffen des Clubs, der uns zu diesem Festival eingeladen hatte. Das Feedback der letzten Tage ist überaus positiv, wenn man vom Essen absieht. In Gujarati Küchen werden fast alle Gerichte ordentlich geschärft und/oder mit viel Fett zubereitet, sogar der Reis schwimmt in Öl. Doch wie zur Versöhnung gibt es nach dem Meeting Paubadji für alle – Weiches Weißbrot zu gekochtem, gut gewürztem Gemüse gibt es überall in Indien und schmeckt einfach immer gut.

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Monatsbericht November

Dear Mr. President dear Rotarians!


In the last month I got to know so many new places of India like never before. In the short time of only fiveteen days, nineteen exchange students and I were taken to the very south of the beautiful country. We visited Cochin, Munnar, Thekkaddy, Madurai, Kovalam, Alleppey and we could even watch the amazing sunset on the very tip of India in Kanyakumari.

Our timetable was full of action: We sat on elephants, we visited a tea museum, watched dance programs like the typical Kattakali, we saw old churches and the famous Sri Minakshi temple; We took a lot of photos and also learned about the Indian culture. Quite a lot of time we spent sitting in the bus or in the train on the way to our next destiny. But we never got bored sharing our experiences, discussing about the different traditions and habits, compairing our homes with each other and with India. Thanks to this intensive time together, I feel, we became a really strong and powerful group of young people.

The south trip was crowned with four relaxing days in Goa, where we all had so much fun doing watersports, lying on the beach, exploring the surroundings or jumping into the swimming pool. Honestly we also spent a lot of money buying jewellery, light skirts that help to survive in the incredible heat and I also bought a mask of wood.

Before we could be sad that the trip was over, we were again taken to an adventure RYLA in Vikramgadh. 300 young people got together in a school complex, where many activities were preparated. Unfortunately everything was organized in such an exagerated strict way, that space for freedom or to develop our own creativity was not given.


The few days I spent in Mumbai in the last month should not be forgotten either: I attended an Indian wedding for the first time, and I put on one of the beautiful Sarees my first host mother gave to me.

Last but not least in the gap between South trip and Adventure RYLA I had a big change: The 25th of November I packed my bags in the Divine Express Society in Mulund. My stay in the house of family Mokashi ended with a very tasty dinner. I thank you for the long, intensive time, in which you showed me so much about the spirit Indias – the mythology, the religion and also the dos and don'ts. Thank you for patiently helping me to get used to this huge country India, that is so different to where I come from.

I also want to thank family Kulkarni, who gave me a warm and hearty welcome to their home in Thane. I am looking foreward to our time together!


I really enjoy my stay in India. So much has happened in the last time, that I am still not through with the reports for my German friends and family. I am happy to be here and very grateful for your support. Thank you!

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Südindien!

Samstag, 28. November 2009


Hier bin ich wieder! Nach dem zweiwöchigen Trip in den Süden Indiens bin ich nun also wieder in Mumbai angekommen. Wir alle, zwanzig Austauschschüler aus Brasilien, Mexiko, Kanada, Amerika, Belgien, Frankreich und Deutschland, hatten eine erlebnisreiche Zeit, man kann fast sagen, wir haben in den letzten zwei Wochen verlernt, was Langeweile ist. Wer genau wissen will, an welchen Orten wir waren, kann an dieser Stelle eine Karte Indiens zur Hand nehmen und sich die unteren Spitze des Festlands betrachten.

In einem einzigen Report würde ich es kaum schaffen, alle Erlebnisse zusammenzufassen. Daher werde ich meine Notizen in einer Art Tagebuch präsentieren. Viel Spaß beim Lesen!




Dienstag, 10. November


Es sitzen zwanzig ziemlich verschlafene Austauschschüler nach der 30stündigen, unterhaltsamen und doch recht anstrengenden Zugfahrt im Reisebus auf dem Weg zu ihrer ersten Unterkunft und sehnen sich nach einer kühlen Dusche und sauberen sanitären Anlagen. Hauptsache wir sind in Kerala, einem der Südstaaten Indiens, angekommen! Schon aus dem Zug heraus habe ich die letzten zwei Stunden jede Menge Fotos gemacht: Noch nie habe ich so viele Palmen auf einmal gesehen. Ja, es sind richtige Palmenwälder! Zwischendurch sah man Hütten, kleine Häuser mit bunten Laken und Flüsse, die das klare Blau des Himmels widerspiegelten. Zu unserem großen Erstaunen fing es in der letzten halben Stunde vor unserer Ankunft zu regnen an. Hatte nicht die langwierige Monsunzeit endlich ihr Ende genommen? Wie ich von einem Mitreisenden erfuhr – er kommt aus Karlsruhe und war zufälligerweise im selben Zugabteil wie wir vier Deutschen untergebracht – ist der Monsun im Süden leider noch nicht vorbei, weil er auch erst drei Monate später begonnen hat. Wie also noch vor einiger Zeit in Mumbai waren die Straßen von Kerala zu unserer Begrüßung überschwemmt, sodass wir schon auf dem Weg in den Bus durch Riesenpfützen waten mussten, die manchmal so tief waren, dass uns das Wasser bis zu den Knien stand. Ungünstiger weise hatten wir zusätzlich noch unser ganzes Gepäck dabei, das uns das waten nicht gerade erleichterte. Manche Inbounds versuchten sich bei dieser Gelegenheit an der Indischen Methode, Gepäck zu transportieren und balancierten ihre großen Rollkoffer auf dem Kopf.

Nun freue ich mich schon auf eine ausgiebige Dusche und ein breites, frisches Bett im Hotel. Davor werden wir uns aber wahrscheinlich noch etwas die Gegend ansehen, in der wir hier gelandet sind. Endlich wieder Bewegungsfreiheit!



Mittwoch, 11. November


Cochin heißt die Stadt, die wir heute entdeckt haben. Sie ist die größte in ganz Kerala, liegt direkt am Arabischen Meer und hat neben Märkten mit frisch gefangenem Meeresgetier, Teppich- und Antiquitätengeschäften und anderen Handelsständen mit Ketten und Holzschnitzereien auch eine Kirche zu bieten, in der einst die Gebeine von Vasco da Gama lagen. Auch waren wir im kühlen Muttencherry Museum, das temperaturmäßig zwar eine angenehme Erfrischung war, unsere Aufmerksamkeit nach einem schwülen Tag mit viel Rumgelaufe jedoch ziemlich auf die Probe stellte.

Nach alledem ging es auch schon wieder weiter: Eine lange Busfahrt mit Zwischenstop an einem Gewürzgarten stand bevor. Seitdem wissen wir, wie Vanille, Zimt, Vanille und viele andere Gewürze wachsen und wie frischer Indischer schmeckt.

Die Straße, auf der wir unterwegs waren, führte uns in dschungelartige Wälder. Ein beliebtes Fotomotiv war ein großer Wasserfall, an dem wir gerade vorbei kamen, als die Sonne unterging.

Den Straßenschildern und Werbeplakaten zufolge haben wir innerhalb dieses Tages nicht nur die Umgebung, sondern auch die Schrift bzw. Sprache gewechselt. Schon gestern bei der Ankunft habe ich mich über die neuen Schriftzeichen gefreut: Sie haben kaum Ecken, bestehen also praktisch nur aus Rundungen und erinnern mich irgendwie an Brezeln und Rosinenschnecken. In Munnar angekommen, dem noch zu erforschenden Ort, fügt man den runden „Teilchen“ dann ein paar Ecken und Kanten hinzu.

Im Hotel angekommen haben wir uns an einem reichhaltigen, zum Glück nicht allzu scharfen Abendessen gefreut und lassen den Tag bei gemütlichem Beieinandersitzen, Musik hören oder Fotos anschauen ausklingen.



Freitag, 13. November


Meine Besorgnis, dass mir bei Schreiben auf der Busfahrt schlecht wird, hat sich als unnötig erwiesen: Wir stehen nun schon seit zwei Stunden vor dem Hotel, das Gepäck im Kofferraum oder „gut abgesichert“ auf dem Dach des Busses verstaut und warten auf den Mechaniker. Kaum 75 Meter hatten wir zurückgelegt, bevor es kräftig rumste und die Hinterachse in die Knie ging. Aber niemand beschwert sich – Nach vier Monaten Indien wird jedem, wenn auch gezwungenermaßen, ein gutes Stück Geduld zu Teil.

Gestern, am Donnerstag, hatten wir wieder einen recht erlebnisreichen Tag mit einer spritzigen Bootsfahrt über einen nahegelegenen, sauberen (!) Stausee, bei der wir viele Sträucher mit fast künstlich aussehenden, farbigen Blüten und Schmetterlingen sahen. Außerdem besichtigten wir ein Teemuseum, das uns die Pflanze etwas näher brachte, die hier so üppig angebaut wird, wie im Rheinland Wein. Wir lernten über die Anfänge im Anbau 1880, über die Entwicklung und die sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Wichtigkeit von Tee. Auch die Herstellung wurde uns anhand von großer Maschinen gezeigt und das Endprodukt, „Chai“, schmackhaft gemacht: Inder trinken Tee zu jeder Tageszeit mit Milch und viel Zucker.

Die freie Zeit im Örtchen Munnar, bevor wir wieder zum Hotel zurückfuhren, nutzten einige Inbounds und ich dazu, für das morgige Geburtstagskind Michael ein Geschenk zu suchen. Es war gar nicht einfach, etwas anderes als Cashewnüsse, Gewürze, Kakao, Bananen oder eben Tee zu finden; zum Glück haben wir in den letzten Minuten dann doch noch ein Geschäft mit T-Shirts gefunden.

Im Gegensatz zu Mumbai sind Nüsse, Gewürze und auch Honig hier im Süden viel günstiger. 100 Gramm Kardamon liegen schon in meiner Tasche, die hatte meine Gastmutter, vorausblickend wie sie ist, bei mir in Bestellung gegeben.

Der Bus setzt sich ächzend in Bewegung und angesichts der uns bevorstehenden Serpentinenfahrt, von der unser Tourguide gerade spricht, packe ich meinen Notizblock vorsichtshalber mal ein und nehme meine Kamera in Betrieb. Bei den vielen selten schönen Motiven, die uns hier geboten werden, klagt schon nach den ersten Tagen so manch einer über überfüllte Speicherkarten und leere Akkus. Meiner ist zum Glück (noch) geladen.



Samstag, 14. November


Bevor ich vom heutigen actionreichen Tag erzähle, möchte ich noch von gestern Abend berichten.

Nach der zwar langen, aber abenteuerlichen Busfahrt vorbei an den unendlichen Teefeldern, manchen Wasserfällen und kleinen Dörfern mit glücklichen Bananenverkäufern kamen wir gegen 19 Uhr in Thekkady an. Der Ort ist auch wie Munnar nicht sehr groß und wir haben schnell mit den Verkäufern Bekanntschaft gemacht, die uns alle interessiert in ihre kleinen, voll gestopften Geschäfte lockten. Ihre Neugier nach unseren Erfahrungen von Indien und unserer Meinung zu dem Land war oft größer als die nach unserer Herkunft. Inder haben eben ein ausgeprägtes Nationalgefühl.

Der Freitag ging zu Ende mit einer exklusiven Tanzvorführung der traditionellen Tanzart Katakkali, die schon seit 500 Jahren hier in Keralai ihren Ursprung fand. Ausschlaggebend für die übermäßig starke Ausdrucksfähigkeit der Charaktere ist nicht etwa eine Sprache mit Worten und Sätzen; die beiden Tänzer verständigten sich durch pure Mimik und Gestik. Uns Austauschschülern kam das nur zugute, da wir Hindi oder die lokale Sprache sowieso nicht verstanden hätten. Etwa eine Stunde lang wurden wir also an diese exotische Tanzart herangeführt: Zuerst konnten wir den Darsteller des Gottes Krishna zusehen, wie er sich eine froschgrüne Maske mithilfe eines Handspiegels und eines Holzstabes selbst aufs Gesicht malte, es gab ein Solo der Trommler, die das Schauspiel begleiteten und uns wurden die verschiedenen Bewegungen erklärt, sodass wir der späteren Geschichte folgen konnten. Schon bei dieser Voraufführung, obwohl der als Frau verkleidete und ebenfalls aufwendig geschminkte Tänzer praktisch nur seine Augen, Gesichtsmuskeln und gegeben falls seine Hände bewegte, war die Spannung im Raum groß. Wir alle folgten den Pupillen des Tänzers, die im immer schneller werdenden Takt der Trommeln in den weit aufgerissenen Augen von oben nach unten, von rechts nach links oder im Kreis herum sprangen. Auch nur die kleinste Veränderung in der Mimik wurde sofort sichtbar, verstärkt von den übermäßig geschminkten Augen und den blutroten Lippen, die sich gelegentlich zu einem fast unheimlichen Lächeln verzogen.

Ich muss wohl kaum erwähnen, um wie viel intensiver die eigentliche Aufführung war: Beide Tänzer bewegten sich zum ohrenbetäubenden Trommelspiel, begleitet von einem Sänger, der seine melancholische Melodie gefühlsvoll ins Mikrofon gab. Die Geschichte handelt von einem mächtigen König als Inkarnation von Krishna und einer Dämonin, die vergeblich versucht, ihn zu verführen, um die Macht über das Land an sich zu reißen. Das Stück nimmt sein Ende mit der dramatischen Ermordung durch Krishna an der Dämonin, die aus Verzweiflung schreit und ihre Schminke verwischt. Damit sah sie letztlich noch etwas unheimlicher aus, als ohnehin schon.

Die konfliktreiche und dadurch recht ernste Aufführung wurde abgerundet von einer Fotosession aller Inbounds mit den Darstellern. Wir waren froh, dafür dann doch noch ein Lächeln auf ihren Gesichtern zu sehen.



Sonntag, 15. November


Es ist Sonntagabend und wir haben gerade ein exzellentes Abendessen hinter uns: Fisch, Ei mit Soße und alle erdenkliche Reisvariationen haben wir uns schmecken lassen. Nun sitzen wir im Hotelzimmer – gut gesättigt, etwas erschöpft aber noch zu wach und mitteilungsbedürftig, um ins Bett zu gehen.

Die letzten beiden Tage waren wieder angefüllt mit beglückenden Erlebnissen: Gestern haben wir im Naturpark Thekkady's schwarz-gelb gestreifte Riesenspinnen gesehen, die nur darauf zu warten schienen, sich in einem unserer Rucksäcke einzunisten; auch kamen wir an Kaffee-, Kakao- und Pfefferpflanzen vorbei, während wir auf Elefanten durch den Schlamm stapften – Endlich habe ich nun einmal auf einem Elefanten gesessen. Dieser Ritt war weder mit Kamelen noch mit Pferden zu vergleichen. Elefanten haben die Ruhe im Blut; Für jeden schweren Schritt lassen sie sich Zeit und sobald man auf einem dieser großen, gutmütigen Dickhäuter sitzt, merkt man, wie die Gelassenheit auch einen selbst erfasst. Wie in Zeitlupe bewegt sich der lange, weiche Rüssel hin und her und sogar als wir unseren Elefanten zum Ende hin mit ein paar Bananen, Kürbissen und einer ganzen Ananas fütterten ließ er sich Zeit beim Kauen. Ich wusste vorher auch noch nicht, dass Elefanten so einen haarigen Kopf haben! An diesem Tag habe ich eines meiner Lieblingstiere also hautnah kennen gelernt und mir fest vorgenommen, das Gefühl dieser zeitlosen Ruhe in zukünftigen Stresssituationen parat zu haben.

Am Ende des Montags gab es die Möglichkeit, sich auf traditionelle Art und Weise von Ayuveda Experten und Expertinnen durchkneten zu lassen – zu einer entspannenden Ganzkörpermassage mit wohlriechenden Ölen an einem warmen Novemberabend sagt man doch nicht nein. Südindien soll außerdem so berühmt für gute Massagen sein, dass verspannte und gestresste Menschen aus allen Teilen des Landes nur dafür hier hin reisen.

Heute haben wir uns morgens erstmal wieder in den Reisebus gesetzt, der uns in den nächsten Ort namens Madurai fuhr. Bekannt für den eindrucksvollen, großen und vor allem knallig bunten Tempel Sri Minakshi, den wir natürlich gleich nach dem Einchecken in dem diesmal besonders hübschen Hotel besichtigt haben, hielt der Ort viele kleine Antiquitätengeschäfte mit Holzschnitzereien und Teppichen für uns bereit. Das Gandhi Museum ließen wir ebenfalls nicht aus. Wenn wir auch nicht die Zeit dafür hatten uns seine Geschichte einzuprägen, war aber das „originale“ Webtuch, seine berühmte Nickelbrille und ein Paar Sandalen, die Gandhi getragen haben soll, zu besichtigen. All diese Dinge sahen so einfach und normal aus, dass es schwer vorstellbar war, Gandhi selbst habe sie benutzt.

Morgen geht es weiter. Wir werden das „Bundesland“ wechseln, um ganz an die Südspitze zu gelangen und uns Kanyakumari anzusehen. Ich freue mich schon aufs Meer!



Dienstag, 17. November 2009


Hier lässt es sich gut gehen! Kovalam heißt der Ort, den wir mitsamt des wunderbaren Hotels schon nach fünf Stunden Aufenthalt ganz ins Herz geschlossen haben. Bei unserer Ankunft sind uns erstmal alle Gepäckstücke abgenommen worden und wir wurden auf die Terasse gebeten, wo uns eine frische Kokosnuss mit Strohhalm serviert wurde. Die Betten waren weich wie nie, in jedem Zimmer wartete ein großer Korb voller Obst auf uns und um den feinsten Sandstrand zu betreten musste man nur durch den blumigen Vorgarten und am Swimmingpool vorbei. Es war schöner als in Rosamunde Pilcher! Nichts konnte mich daran hindern, mich bei der ersten Gelegenheit, wenn auch mit Klamotten, in die Wellen zu stürzen.

Auch Kanyakumari, die Südspitze Indiens, war ein tolles Erlebnis. Auch von unserem Hotelzimmer dort hatten wir einen tadellosen Blick auf das blaue Meer und einer schneeweißen Kirche, „Lady of Ransom“, die wir auf dem Weg zum Strand auch gleich angesehen haben. Die Kirche ist noch nicht fertig, und wohl auch erst frisch angestrichen. Das Weiß blendet einen jedenfalls wirklich und auf den Fotos meint man, die Kirche sei mit Photoshop ins Bild kopiert worden. Von innen ist sie nicht so spektakulär, die Anstreicher haben sich aber über unseren Besuch gefreut.

Die Häuser direkt am Strand sind ganz bunt angestrichen, die Farben werden mit dem hellen Licht der prallen Sonne noch vertärkt. Alle Frauen, die uns von den Türschwellen aus zuwinkten, auf den Straßen spielende Kinder und auch die alten Fischermänner, die im Schatten auf den Nachmittag warteten, machten einen überaus zufriedenen Eindruck. Ganz offensichtlich hatten sie keinen Geldüberfluss, waren jedoch umso reicher an Lebensfreude und Genügsamkeit. Und darauf kommt es doch eigentlich an, oder?

Der Strand war leider nicht ganz sauber, hier werden eben in erster Linie Fische gefangen. Aber so viel Zeit blieb uns am Montag auch nicht, denn abends stand die Besichtigung des Gandhi-Denkmals an. Es befindet sich ganz an der Landspitze Indiens und ist eine Mischung aus Tempel, Moschee und Kirche; ein Ort der Besinnung für alle Religionen, eben ganz im Sinne Gandhis. In der Mitte des Gebäudes steht ein Steinblock, auf dem am 12. Februar 1948, knapp zwei Wochen nach seiner Ermordung, die Asche Gandhis lag, bevor sie ins Meer gestreut worden ist.

Nach dem Einkaufen von Andenken und Mitbringseln sahen wir nun auch den eindrucksvollen Sonnenuntergang, der den ganzen Himmel in ein warmes Rotviolett tauchte. Die Sage, dass man an dieser Stelle des Strandes sogar Sand in drei verschiedenen Farben finden kann, habe ich leider erst später gehört; es heißt, der Arabische Ozean, der Indische Ozean und der Golf von Bengalen bringe verschieden farbigen Sand mit sich, die man an der Spitze Indiens dann miteinander vergleichen kann. Ich muss wohl nochmal wiederkommen!

Heute Vormittag haben wir dann noch zwei große Denkmäler besichtigt: das Vivekananda-Denkmal, das einen an einen wichtigen Philosophen erinnern möchte, und die große Statue des Gottes Shiva. Zwar machten wir Austauschschüler eine Menge Fotos, manchmal jedoch hatten wir das Gefühl, wir selbst würden viel mehr fotografiert. So viele Inder fragten nach Fotos mit uns oder klickten einfach wild drauf los, solange wir in Sichtweite waren. Das war schon so ein Paparazzierlebnis; wir waren doch recht froh, als wir letztlich wieder auf den Festland angekommen waren und genug Platz war, fremden Kameramännern auszuweichen.



Donnerstag, 19. November 2009


Hier sind wir auch schon an unserer vorletzten Station angekommen: Alleppey ist ein kleiner Ort, der wegen seiner vielen Kanäle auch „Venedig des Ostens“ genannt wird. Gestern Abend war also eine Bootsfahrt organisiert, bei der wir über die Backwaters fuhren und die kleinen Häuschen, alte, verkommene Boote und die hohen, schlanken Palmen links und rechts fotografierten. Bevor es kalt wurde, fuhren wir wieder zurück zu unserer Unterkunft, ein Hotel namens Pagoda. Es wurden uns diesmal keine Zimmer, sondern kleine Häuschen zugeteilt, die mich, weil ganz aus Holz, unmittelbar an die typisch Deutschen Gartenhäuschen erinnerten. Drei Personen teilten sich ein Häuschen und zu den Essenszeiten traf man sich im Hauptgebäude. Es war wirklich gemütlich!

Vor der achtzehnstündigen Zugfahrt, die uns nun bevorsteht, werden wir noch schnell frische Lebensmittel und Klopapier auf Vorrat kaufen, dann geht es auch schon in den Bus zur Station. Der spontane Sprung in den Swimmingpool heute früh hat unseren Aufenthalt in Alleppey gut abgerundet!



Sonntag, 25. November 2009


Das Reiseziel so vieler Mumbaianer und Menschen der ganzen Welt; das Badeparadies mit den schönsten Stränden und mit kristallklarem Meer; der perfekte Ort zum Ausspannen, Durchatmen und um alle Sorgen irgendwo in den Wellen des Atlantischen Ozeans zu verlieren: Das ist Goa. Während drei Tagen, die wir bisher hier verbracht haben, haben wir zwar auch drei alte Kirchen, eine Burg und verfallene Wachtürme besichtigt, dies alles steht jedoch im Schatten vom zeitlosen Faulenzen (ja, wir haben es uns nach dem ganzen Rumreisen verdient) und, um wenigstens unseren Geldbeutel, wenn schon nicht unsere Resietaschen zu erleichtern, waren wir ausgiebig shoppen. Zwischen zahlreichen leichten Röckchen, Hosen, Andenken und Postkarten haben wir viel Zeit bei den Tibetanischen Märkten verbracht. So schöner Silberschmuck, Edelsteine und Holzschnitzereien waren zu bewundern! Jeder Inbound, der nun noch Geld übrig hatte, konnte sich glücklich schätzen.

Auch ich habe eine Holzmaske erworben. Sie sieht wirklich furchterregend aus mit ihren weit aufgerissenen Augen, durch die man sogar durchsehen kann. Sie wird mich an die Tanzvorstellung Kattakali erinnern, wenn der Tänzer dort zugegebenermaßen nicht ganz so hässlich war.



Montag, 26. November 2009


Das Rütteln des Zuges und der gewohnte Anblick der blauen, dünnen Matratzen zum Aufklappen versuchen mir beizubringen, dass die Südtour nun ihr Ende nimmt. Ich habe es irgedwie noch nicht richtig realisiert: Morgen um diese Zeit werde ich wieder im guten alten Mumbai, fern von unberührten Wäldern, den sauberen Stränden und der klaren Luft. Allein das Gefühl, mit allen anderen Inbounds zusammen auf der Reise zu sein, habe ich genossen, sei es im Zug, im Reisebus oder auf Elefanten. Über die Zeit hier im Süden sind wir zu einer wirklich starken Gruppe junger Leute zusammengewachsen, voller Energie und Abenteuerlust.

Doch es ist nicht vorbei: Das Entdecken geht weiter, denn wer von sich behaupten kann, das große Mumbai ganz und gar zu kennen, der muss schon überdurchschnittliche Kräfte haben. Auch der Februar ist auch nicht mehr so lange hin, dann wird es in den Norden gehen. Und zwar mit kuschelig warmen Klamotten anstatt den vielen Kleidchen und Badesachen, damit ich auch die heimischen Temperaturen nicht vergesse.

Sonntag, 8. November 2009

Heiraten auf Indisch

Sonntag, 8. November 2009
Central Mumbai


Hier ein kurzer Bericht von heute: Ich habe eine Indische Hochzeit erlebt! Oder besser gesagt, ich habe einen Teil davon gesehen. Indische Hochzeiten ziehen sich nämlich eigentlich über vier Tage. Je nach Geldaufwand und Geduld des Paares kann diese Zeitspanne aber auch gekürzt werden, wie ich erfahren habe.
Für mich begann die Hektik mit dem Kampf mit meinem Saree. Wie schon an Ganpati, machte es mir zunehmend Schwierigketen, mich mit dem diesmal etwas luftigeren, und doch gut isolierenden Stoff zu bewegen. Wir haben zwar November, aber die letzten Tage kamen mir heißer vor als die in der gefürchteten Oktoberhitze.
Nach der Autofahrt, bei der wir auch an einem großen Slum vorbeifuhren, ging es also in die „Festhalle“. Bisher wusste ich nur, dass es ein Saal mit Aircondition ist, nicht aber, dass die Zeremonie in einem reich geschmückten Auditorium stattfindet! Überall Girlanden und Blinklichter, hektische Fotografen und so viel Publikum bestehend aus nahen und fernen Verwandten; Freunden und Freundesfreunden... Ich kann wirklich von Glück sprechen, noch, so schnell es mit dem Saree ging, einen Sitzplatz ganz rechts hinten ergattert zu haben. Von Weitem sah ich also dem Hochzeitspaar zu – Angeleitet von einem Badjhi (Hindupriester) ging es sieben Runden um ein in der Mitte der Bühne platziertes Feuer und versprachen sich dabei ewige Treue, Bräutigam und Braut fütterten sich gegenseitig mit einer Süßspeise und zuletzt wird ihr eine Kette mit vielen, kleinen, schwarzen Perlen angelegt. Solche Ketten nennen sich Mangal Sutras und werden hier, wie bei uns Eheringe, von allen verheirateten Frauen getragen. Natürlich hatte die Braut auch kein einfaches, weißes Hochzeitskleid an: Sie trug einen Tiefroten Saree und jede Menge Gold in Form von Ketten, Ringen, Armreifen, Ohrgehängen und einem Nasenring. Während der Zeremonie werden beide Partner außerdem noch mit langen Blumenketten behängt.
Nachdem der letzte traditionelle Akt vorbei war, wurde die Menge freundlich dazu aufgefordert, sich auf den Weg zum Speisesaal zu machen. Wie werden jedoch schätzungsweise 1500-2000 Menschen auf einmal satt? Schon allein der Weg zum Saal gestaltete sich schwierig, auch weil ich darauf achten musste, dass weder ich, noch sonst irgendjemand auf meinen Saree tritt. Doch sobald ich den Duft der guten Indischen Speisen in meiner Nase hatte, wusste ich: der Aufwand lohnt sich.
Es gab Reis mit allen erdenklichen Soßen, Roti-Brot, Chinesische Nudeln, Panipuri, Paneer-Käse mit Pilzen und unzählige Variationen von Gemüse. Zum Nachtisch wurde Kulfi-Eis und Obstsalat angeboten. Es war ein richtiges Festmahl, auch wenn man eine ganze Weile lang in der Schlange stehen musste. Vorfreude ist eben die schönste Freude!
Schließlich ging es dann wieder in den Hauptsaal, wo man sich noch einmal ganz hinten anstellen durfte, um dem frisch getrauten Ehepaar zu gratulieren und in die Kamera der Fotografen zu lächeln. Und wirklich: Die beiden sahen auch von Nahem sehr glücklich aus. Es ist eine Liebesheirat gewesen, wobei es in Indien immernoch ca. 75% von den Eltern bestimmten Eheschließungen (arranged marriages) gibt. Wie ich gehört habe, sind allerdings einige Inder und Inderinnen ganz froh, die Verantwortung der Partnersuche aus der Hand geben zu können, und sich auf ihre Eltern zu verlassen; in diesem Fall kann von Zwangsheirat (die gibt es leider auch noch) nicht die Rede sein. Ich kenne sogar recht viele Ehepaare, die ein glückliches Familienleben führen, ohne sich vor ihrer Hochzeit wirklich gekannt zu haben.
Indisch zu heiraten muss ganz schön anstrengend, aber toll sein, und ich bin auch prompt gefragt worden, ob ich, um meine Hochzeit zu feiern, nicht auch nach Indien kommen wolle. Davon abgesehen, dass ich dem Christentum angehöre, und dass ich all meine Familie und Freunde wohl kaum hierhin mitnehmen kann, ist es eigentlich eine schöne Idee. Trotzdem glaube ich, mir würde der Hochzeitskuss zu sehr fehlen.

Mittwoch, 4. November 2009

RYLA in Dehli

Sonntag, 1. November 2009
Irgendwo zwischen Dehli und Mumbai

Und hier sitze ich wieder auf einer der aufklappbaren Matrazen des Langstreckenzuges und fahre mit sechzehn der anderen Austauschschülern, die auch am RYLA teilgenommen haben, wieder „nach Hause“. Diesmal fanden die Rotary Youth Leadership Awards nämlich in Dehli statt! Bevor ihr euch aber nun eine falsche Vorstellung von der Zeit in der sehenswerten Hauptstadt macht – wir haben zwar einen Eindruck von der Stadt bekommen, waren aber in einem Meditationszentrum untergebracht, das wir über vier von fünf Tage nicht verlassen sollten. Trotzdem sind mir bei unserer Ankunft so einige Unterschiede zu Mumbai aufgefallen.
Das erste, das mich ins Auge stach, waren die Rickshaws: Sie sind zwar genau so gebaut wie die in Mumbai, sind aber gelb-grün statt schwarz-gelb. Etwas später, als wir im Bus auf dem Weg zur Unterkunft saßen, realisierte ich wie angenehm trocken und kühl die Luft war. Ich musste trotz all dem Taschenschleppen kaum schwitzen. Nächte in Dehli lassen sich sogar mit Sommerabenden in Deutschand zu vergleichen, sodass ich wieder meine gemütlichen Jacken in Gebrauch nehmen konnte. Wenn auch eher zum Spaß hatte ich auch eine Wollmütze dabei, die ich mit der Hilfe meiner Gastmutter die Tage vor RYLA über selbst gestrickt habe.
Vom Bus aus konnte ich sonst noch sehen, dass die Straßen zwar genau so staubig sind und Slums wie auch in Mumbai existieren, die Gegend ist aber generell nicht so voller Leute, was den relativ niedrigen Geräuschpegel dort bedingt.

Ja, es war schon eine nicht ganz einfache Situation: Eine Gruppe von etwa 50 Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu Gast bei Brahma Kumaris, den Brüdern und Schwestern, die in dem Zentrum der Meditation, des Friedens, der Selbstfindung und der Stille zu Hause sind. Uso schwieriger in Anbetracht dessen, dass wir Austauschschüler ohne laute Musik, die man jaber auch als Lärm verstehen kann, kaum auskommen. Auch waren die stets in schneeweiß gekleideten Brahma Kumaris etwas von unseren Nachtruhezeiten und dem unverklemmten Umgang zwischen Jungs und Mädchen irritiert. Zum Glück gab es nie richtig Krach und beide Seiten haben sich zurechtgefunden, wie es eben ging.
Dem Tagesprgramm nach war die Möglichkeit gegeben, um vier Uhr früh mit einer meditativen Einheit zu beginnen. Dazu fand man sich im Gemeinschaftssaal zusammen und lauschte eine Dreiviertelstunde lang ruhiger Indischer Musik, die mich ehrlichgesagt aber eher zum Einschlafen als zu einer ernsthaftigen Introspektion brachte. Nach einem Morgentee ging es dann mit Yoga weiter und um 8.30 Uhr folgte Frühstück. Der Rest des Tages war ausgefüllt mit Vorträgen und Diskussionsrunden zum Thema „Discover and Empower yourself“, bis um zehn Uhr abends eigentlich jeder in seinem Zimmer bleiben und das Licht löschen sollte...
Nahm man die Sache ernst, so hat man so einiges über Yoga und Selbstkontrolle gelernt. Ich habe auch viele neue Bekanntschaften gemacht; es waren Inder und Inderinnen aus allen Regionen des Landes dort. An einem der Abende hatten wir daher eine kleine Talent Show, zu der jeder, der wollte, etwas beitragen konnte. Es gab viel Musik und Indischen Tanz. Wenn auch der „zu laute“ Applaus den Schwestern gar nicht gefallen mochte, war es ein gelungener Abend mit einem möglichst spirituellen, aber eher energischen „La Bamba“ der ganzen Inboundgruppe zum Abschluss.

Gestern, am letzten Tag, haben die Rotarier eine Sightseeingtour für uns organisiert: Wir haben den größten Tempel ganz Asiens besichtigt! Akshardham heißt er, er ist zu Ehren der Symbolfigur Swami Narayans errichtet worden – In einem Zeitraum von nur fünf Jahren haben 7000 Männer einen 40 ha großen Tempel fertiggestellt, der nur aus einem einzigen Felsenstück besteht. Am Eingang wurden uns alle Kameras und Handys abgenommen, sodass ich keine Fotos von der Tempelanlage habe, aber die Eindrücke schon allein von der Außenfassade des Tempels sind mir noch ganz präsent: Die weißen Außenwände sind fast lückenlos mit unzähligen Ornamenten und Skulpturen verziert, und auch den Steinsockel unter dem Monument schmücken 148 Elefantenskulpturen, die alle eine andere Haltung und Bedeutung haben und so naturgetreu und detailreich abgebildet sind, als würden sie im nächsten Moment zum Leben erwachen. Eine Abbildung ist mir in besonderer Erinnerung geblieben: Der Elefant, der von vier Blinden ertastet wird, dabei steht jeder an einem anderen Teil, sodass jeder der vier einen „Elefanten“ anders definert – Weich und feucht für den Rüssel, staubig und hart für den Fuß, haarig für den Schwanz und groß und labberig für die Ohren. Die Sicht aller Religionen ist eben stückweise, Gott bleibt der selbe.
Es gab drei verschiedene Sääle in der Anlage: Den „Saal der Werte“, ein Filmtheater mit Riesentheater und einen „Saal der Indischen Geschichte und Kultur“. Ich habe mich ein Bisschen wie in einer lehrreichen Version von Disneyland gefühlt, da all diese Sääle mit der neusten Technologie ausgestattet waren und man sich durch die künstlerisch überaus gelungene Darstellungen wirklich vorstellen konnte, wie es früher in Indien ausgesehen haben muss. Auf dem Rückweg mit dem Bus sind wir dann noch am India Gate vorbeigefahren, dem Gegenstück zum Gateway of India, das im Süden Mumbais zu finden ist. Schönes Dehli!

Es ist nun neun Uhr abends – Indische Abendessenszeit. Es gibt Biriani, also gerösteter Reis mit scharfem Curry. Das Essen hier im Zug lässt etwas zu wünschen übrig, aber ich werde es mal probieren. Bis bald!

Monatsbericht Oktober

Dear President, dear Rotarians,


In the last month again I got to know a new festival: Diwali was not only a loud and shining experience, but also an opportunity to be together with family and friends. My host family and me have again been to Badlapur in the house of father's parents, where we burned lots of firecrackers and I tried to do a Rangoli. We also have been to a relatives house in Ghatkopar and we had dinner in a noble restaurant in Mulund West to celebrate the festival of lights. Lastly I had a really good day with many of the other IYE-students, when my host family invited them for lunch to our house. As many of them do not get any kind of nonveg food in their host families, they were very enthused when they got the smell of chicken and pork sausages.

Apart from celebrating Diwali, the month of October was full of travelling. I got to know the famous Taj Hotel from inside, when all Germans staying in Mumbai were invited from the German consulate to celebrate our Day Of Unity, which was on 3rd of October. After almost three months two of the other Inbounds and me could again enjoy food of our home country – German bread, sausages and cabbage and real blackforest cherrycake are just a few things of the wide menu.
I also have pleasent memories of Nashik, where my host parents showed me many tempels, a huge museum of mineral stones, the caves of the Pandavas brothers and the holy river Godavari. They also took me to Thane, where we have been to a circus – someties I really suffered with the artists, playing with fire, knifes or balancing themselves on running horses.
By my second host family I have been invited to a concert of classical Indian music, which took place in Sion. The music full of rhythm and power was really amazing.
Last but not least I have visited the capital of India, actually I just came back from the RYLA in Dehli, where 16 other Inbounds and me stayed in a meditation centre of the Brahma Kumaris. Unfortunately we did not see so much from the city itself, but we got to know many new people and also, through the theme sessions, ourselves a bit better. On the last day we were taken to the biggest temple complex of all Asia: Also if we could not take any photos of the beautiful Akshardham temple, we all enjoyed a lot and carry the images of the statues, the story of Swami Narayan and the fountain show in our memories.

But I also learned in the ast month: To practise for Mood Indigo in December Michael and me have now started inventing a choreography of many different kinds of Western dancing. Mother taught me how to stich and in teamwork we already completed the first item, a beautiful and warm cap, which I surely will use on my Himalaya trip next year. Over all I joined Hindi classes or some days, which already helped me to understand some new sentences.

Finally I would like to thank you for integrating me so much in your community. Looking foreward to the South India trip, which will start on 9th of November, I am sure I will again have a lot to write about. Thank you for your support!

1. Quartalbericht

Dear Counsellor Dr. Minal Gupte, dear Roratians,


Now, that I have already spent three months and a half in the big and beautiful city of Mumbai, I got to know so much about the Indian culture, the different languages and the mentality. Impressed of the new enviroment I came in, I opened a Blog in the Internet to share my experiences and thoughts with my German family and friends. Giving my tree month report I refer to these texts in the Blog along with my monthly reports given to my host club.

Remembering my very first impression of India I would like to share with you a small part of my first Internet report translated into English:
„Yes, all is different over here. The air is wet and warm, every corner, every street smells different. It is generally louder. The colours are much more intensive, there are people everywhere. Till now I did not see a cow on the streets, but some dogs looking for something edible.
Arriving in the house of my first home, the house of family Mokashi, my bags could enter before me. I firstly recieved a kind of red and yellow powder on my forehead. Then, before anybody could tell me how, I took a step in – unfortunately with the left foot. Luckily I was told, that my families are not that strict with old traditions, so I was calmed again.“

By now of course I do have seen cows on the streets. More and more I also try to learn and understand the rituals and traditions followed by my host family. I really got interested in the old Indian mytholgy, I like to listen to stories of Ramayana and Mahabharta and I am always happy, if, entering a Hindu temple, I can make out the names of the different gods, and maybe also the relations amongst them. The many different names and appiriences of just one single god are quiet confusing to me, though I always try to somehow connect them with the trinity Brahma-Vishnu-Mahesh to remember them.
In my first month I startet joining Yoga classes, which I still enjoy. Almost daily I do breathing and streching exercises and relax. Thanks my host mother I also learned some basics of Hindi and the scripture in two months time. Just today I will start with Hindi classes, to learn something about the grammar aswell.
As I am a student in the V. G. Vaze College in Mulund, I got to know the teaching method here, that differs a lot from the classes in Germany. I also have been invited to an other college in Mulund to make a speech about my home country.
How I feel, living in Mumbai is a continuous learning process. Specially travelling has to be learned: By now I know how to go by train, by bus, rickshaw, taxi, or walking along the dusty streets without being hit by any vehicle or step on a dog sleeping in the hot sun. My bargaining also has improved quite a lot, what I notice looking into my cupboard and my wallet.

I now come to all the festivals I got to know: Firstly I enjoyed watching the pyramides of men on the birthday of Krishna, trying to reach the colourful Handi with yellow Dahi inside. Hardly two weeks later Ganpati celebrations were going on and I learned a lot of new recipies; Poha, Aluwari, Cachori and Puranpoli are just a few of them. In honor of the occasion I also wore my Saree for the first time, it was given to me on my birthday, which took place just one day after my arrival in India. Not only putting on the Saree, but also walking and sitting with such a lot of textil around me was more difficult than I thought. I participated in Poojas, Aartis and I watched how the big, colourful statues are immersed in the water.
The time of Nauratri was full of dancing. I loved playing Garba and Dandiya to the loud music with its strong rythm. I aso got some nice prices, but I think they are mostly for being the only blond participant than for my dancing skills. On Dassera, the tenth day, my host family took me to the house of my host grandparents to give them Sona. In the night I saw an exciting burning of the deamon Ravan – I did not think, that the statue was filled with explosive stuff, so I was really impressed by the big fire and the deafening noise.
Still hearing the last firecrackers in the background I remember Diwali. I have never seen so many colours and lights blinking in the darkness! I draw Rangoli, I lit crackers and my host mother tought me the recipy of Coconut Barfi.

Along with the festivals that took place, I also visited a lot of places in and out of Mumbai city.
Apart from Mulund I know Thane, Bandra, Matunga, Andheri and the South of the city quite a bit – I have been to the famous Gateway of India, the beautiful Hanging Gardens, the Aquarium, the Haji Ali Mosk and the Mahalaxmi temple; I visied the Prince of Wales Museum and a photography gallery and on the suggestion of my host father Pradyumna I could even enter one of the courts. I also saw the Taj Hotel not only from outside; as the German consulate invited all Germans staying in Mumbai to celebrate the 19th German day of unity there, I also had the chance to see the famous christal room. I got to know the National Park during hiking or trekking tours with other Inbounds or my host family.
I participated in the Monsoon RYLA, which took place in Panvel. I have pleasent memories of the mountains and waterfalls near our hotel.
As already mentioned, my host parents took me to Badlapur, where my host grandparents stay; I always enjoy the fresh air and the relaxed way of living when I am there.
My host family and me made a tour to Vasai, where we visited a relatives house; to Nashik, where we visited the caves of the Pandava brothers, the Godavari river and the famous mineral stone museum; and, together with many other Inbounds, I have been to Ulhasnagar to celebrate the birthday of Victor, which was very well orgainzed by his host club. We had a lot of fun!

Remembering all these trips I am really looking foreward to the South India tour.
I thank Rotary for giving us this great opportunity to get to know India for one year. Although I miss my family and friends in Germany sometimes, I am really glad to be here and I enjoy a lot. Thank you for supporting me!

Dienstag, 20. Oktober 2009

Diwali

Dienstag, 20. Oktober 2009
Mulund


Noch immer ist der Lärm der Raketen und Knallfrösche zu hören, die von Diwali übrig geblieben sind. Dieses Lichterfest, das hier gerne mit Weihnachten verglichen wird, ist nach vier Tagen nun fast vorbei. Mit ihm beginnt ein neues Jahr im Hindukalender, wie bei uns mit dem ersten Advent das neue Kirchenjahr anfängt.
Natürlich wird in dieser Zeit einem bestimmten Gott gehuldigt: Die meisten Hindus geben an Diwali der Göttin Laxmi die Ehre, manche verehren aber auch andere wie zum Beispiel Krishna, Shiva oder Durga. Laxmi ist die Frau von Vishnu, dem Erhalter alles Guten. Sie steht für Reichtum und wird oft auf einer Lotusblüte sitzend, mit den Händen voller Gold dargestellt.
Um Laxmi und mit ihr Reichtum und Wohlergehen ins eigene Heim einzuladen, putzen viele Inder ihr Haus besonders gründlich und stellen kleine Öllampen neben die Eingangstür, vor der man nun auch häufig „Rangolis“ findet; Die Ornamente werden mit farbigem Kreidepulver auf den Boden dekoriert und wirken wie leuchtendbunte Teppiche. Außerdem hängen Inder laternenähnliche Papier- oder Plastikgebilde auf den Straßen und vor die Hauseingänge, in nahezu jedem Fenster blinken Lichterketten (Sogar die Slums kann man nachts nun auch von Weitem erkennen, was sonst ist das Lichtermeer an den Berghängen?) und, wie schon erwähnt, wird geböllert bis einem das Hören und Sehen vergeht. Immerhin ist Diwali das Fest der Lichter!
Doch nun noch einmal zum Vergleich mit Weihnachten – An Diwali ist es nämlich auch Tradition, Familie und Freunde zu besuchen und sich gegenseitig Geschenke zu machen. Wie in Deutschland Plätzchen gebacken werden, so werden auch hier Naschereien aller Art zubereitet, wenn auch mit anderen Gewürzen und mit viel mehr Süße. Meine Gastmutter hat mir zu dieser Gelegenheit ein relativ simples Rezept für Kokosnusshäppchen erlärt, das ich dann hoffentlich auch zu Hause anzuwenden weiß.
Am dritten Diwalitag ist es Brauch, dass Brüder ihren Schwestern etwas schenken. Glücklicherweise habe ich im Moment einen Bruder! Er hat mir also gestern einen Gutschein für etwas Schönes von der großen Handelsstraße in Bandra, dem Center Mumbais überreicht. Ich habe ihm im Gegenzug einen roten Punkt zwischen die Augen getupft. Dieses Ritual nennt sich Bhaubeeg.

Im Hinblick auf unsere gemeinsame Shoppingtour morgen schließe ich den Bericht mit der Feststellung, dass der größte Unterschied zwischen dem Indischen Diwali und dem Deutschen Weihnachten wohl das Wetter ist. Ich erlebe in den letzten Tage eine wirklich intensive Hitze – Die gefürchtete „Oktober heat“. Dagegen höre ich aus Bad Kreuznach nur, dass die Autos zu vereisen anfangen und die Heizungen auch schon auf Hochtouren laufen. Das hört sich zwar ganz erfrischend an und ich vermisse auch wirklich meine gemütlichen Kuschelpullis und Wolljacken; auf der anderen Seite ziehe ich das Schwitzen dem Frieren glaube ich doch vor.

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Nashik

Hier eine kleine Zusammenfassung meines Wochenendes in Nashik. Genau wie Mumbai oder Thane ist Nashik ein Distrikt im Staat Maharashtra, der ja bekanntlich in Indien liegt! Letzten Freitag habe ich also zum ersten mal Indischen Boden ausserhalb Mumbai und Thane betreten.
Meine Gasteltern und ich sind in der Wohnung von Verwandten untergekommen, die dort ein Ferienhaus haben. Die Haeuser in Nashik sind viel groesser, laendlicher; die Strassen sind breiter, und doch nicht ebener als die in Mumbai, dafuer ist die Luft unvergleichlich trocken und kuehl. Ich habe, sobald die Mittagshitze vorueber war, immer ein Jaeckchen tragen koennen und habe mich damit so wohl gefuehlt! Wie ich die kuscheligen Pullis und Wolldecken im Winter vermisse!
Samstags haben mir meine Gasteltern zwei Tempel gezeigt, vor einem davon mussten wir mindestens eine halbe Stunde warten, bis wir in der langen Warteschlange ganz vorne ankamen. Doch es hat sich gelohnt: Wie in jedem Tempel schlugen wir beim Eintreten an die grosse, goldene Glocke, um die Goetter auf uns aufmerksam zu machen: "Wacht auf, wir sind hier um euch anzubeten!" Dann sah man sich allerlei Statuen und Bilder von verschiedenen Goettern und Goettinnen an, wer will betet laut oder leise. Meistens geben Hindus Opfergaben, zum Beispiel Blumen oder Geld. Eigentlich sollte es in Tempeln auch still sein. Am Samstag jedoch, da der begehrte Tempel so ueberfuellt war, war es alles andere als ruhig: Menschen draengelten, man hoerte Gesaenge und bei dem groessten Standbild, das des Gottes Ram, standen Tempelaufseher, die die Menge lautstark vorantrieben, sodass ich die Hauptattraktion kaum zu sehen bekam. Am Ausgang gibt es Zuckerstueckchen fuer jeden, wie man in der Kirche beim Abendmahl Hostien oder Brot bekommt.

Ausser den Tempeln habe ich das vermeintlich groesste Edelsteinmuseum der Welt von innen gesehen. So viele bunte Kristalle in allen erdenklichen Formen! Ich habe viele Fotos gemacht und meine Gasteltern haben mir sogar zwei Ketten zum Andenken geschenkt.

Am Sonntag habe ich den "zweiten Ganges" gesehen: Meine Gasteltern haben mich zum fuer Hindus heiligen Fluss Godavari genommen. Dort hatte ich sogar die Gelegenheit gehabt, auf einem Kamel zu sitzen! Es hiess Sonal und war ganz schoen gross... Aber ich habe die gute Aussicht wirklich genossen.

Naechstes Wochenende ist Diwali - Das Fest der Lichter. Die Vorbereitungen sind hier schon im vollen Gange. Ich melde mich bald wieder!

Mittwoch, 7. Oktober 2009

Monatsbericht September

Dear Mr. President, dear Rotarians

Writing this I just came back from my Yoga class, which I still enjoy doing. Although the climate is so hot I like the exercise and I always feel refreshed and relaxed after coming home.

The main attraction of the last month, that comes into my mind is, of course, Nauratri. I had a great time playing Dandiya and Garba, listening to the loud music with it's strong rythm and getting to know some stories of Ramayana, like for example about the fight between Ram and Ravan. And I did not only hear these stories: mother and father also took me a drama place in Dadar, where I could watch how Hanuman brings a mountain from the jungle to save Rams brother Laxman. I also was witness of a burning of Ravan in the night of Dassera. This deamon really did not have to suffer for a long time: Although the statue was so huge, the fire engulfed it in a few seconds time, accompanied by loud firecrackers, that exploded right above us.
Before we went to this spectacle, my host family and me have spent the day of Dassera in Badlapur, where we gave "Sona" to the grandparents.

Apart from the Nauratri-time, in September I got a better idea of Mumbai's National Park. Three times I have been there: My second host family invited me to a spicy, but very tasty dinner in Golden Swan; with my host family I had the chance to see the green areas and, though it rained so much this day, we also came across some monkeys and dears and lastly I participated in a hiking tour through the wildness with two Inbounds and many other youngstars.
I also have been to South Mumbai and Bandra, to Ulhasnagar, where a big birthday party of one of the Inbounds took place and I have been to to Vasai, where I got to know the home of mother's brother and his family. Not to forget I saw my third host families house in Kalher! As long as Mistchief and Chocolate are not around it is very quiet and cosy, but I am full of hope both of the dogs will get used to me soon, when I will come there.

Still feeling the excitement of Nauratri I am looking foreward to October - I already heard about Diwali, the festival of lights, and I suppose it will be a great experience.
Thank you for supporting me!

Der Tag der Deutschen Einheit im Taj Hotel

Montag, 5. Oktober 2009

Als mir Benedikt, ein anderer Deutscher Austauschschueler, der hier im Zentrum Mumbais wohnt, von einer Einladung des Deutschen Konsulats erzaehlte, war ich sogleich Feuer und Flamme. Anlaesslich des 19. Tages der Deutschen Einheit lud das Konsulat jeden Deutschen und jede Deutsche in Mumbai in das sieben Sterne Hotel Taj ein, das zu einem der nobelsten Unterkuenften in ganz Indien zaehlt. Auch durch die Anschlaege im November letzten Jahres ist es, wenn auch in einem traurigen Zusammenhang, beruehmt geworden. Es steht direkt gegenueber vom Gateway of India und man hat von einem der breiten Balkone einen eindruecklichen Ausblick aufs weite Meer.
Endlich konnte ich mein kleines Schwarzes aus dem Koffer holen! Benedikt, Michael (ein anderer Deutscher Austauschschueler) und ich trafen uns an der suedlichsten Zugstation Mumbais, fuhren mit dem Taxi zum Hotel und, nach der Sicherheitskontrolle, betraten wir endlich den vornehmen Empfangssaal. So glatt wie der Boden war, koennte man fast meinen, er sei aus Porzellan; in der Mitte des Saals standen ein paar Sessel und Glastische, an denen vereinzelt gut gekleidete Herren auf ihre Begleitung warteten. Auch ein Fluegel durfte natuerlich nicht fehlen.
Uns folgten freundliche Blicke von der rezeption, als Benni, Michi und ich dem Verlauf des roten Teppichs folgten, welcher uns direkt zum Crystal Room fuehrte. Da wir drei, schon laengst an die Indian Standard Time angepasst, eine Stunde zu spaet angekommen waren, haben wir wohl die Eroeffnungsrede verpasst; wir kamen aber noch rechtzeitig, um die Oboistin, Cellistin und drei Violinistinnen einen Teil der "Vier Jahreszeiten" von Vivaldi spielen zu hoeren. Und nun fing der Abend ja erst richtig an!
Auf langen Buffettischen wurde das Abendessen fuer bestimmt 500 Gaeste serviert: Nach drei Monaten ohne Deutsches Essen gab es endlich wieder Wuerste, Sauerkraut und Kartoffelbrei; es gab Leberkaes, Frikadellen, geraeucherten oder gekochten Schinken, welcher von den paar Indern mit Argwohn begutachtet wurde, aber auch geraeucherter Lachs wurde aufgetischt, an dem ich besondere Freude fand. Waehrend ich mich spaeter an der ueberaus reichen Kaeseplatte guetlich tat, labten sich die Jungs schon an der sich immer erneuernden Schwarzwaelder Kirschtorte und den Meisterwerken an Pralines... Es war ein Festmahl! Zugegeben, wir haben an diesem Abend sogar ausnahmsweise eines der Rotary-Verbote missachtet und uns ein echtes Krombacher geteilt. Es geht doch nichts ueber kuehles Deutsches Bier!
Wie gut es sich anfuehlte, wieder unter Deutschen zu sein - sah ich jemandem in die Augen, so schaute ich hinauf und merkte so richtig, wie ich mich auch innerlich aufrichtete. Erst kurz davor auf der Zugreise nach Sued habe ich mich ueber meine Groesse geaergert, weil ich mir wieder als einzige den Kopf an den Festhalt-Henkeln gestossen habe. Nun, unter all diesen hochgewachsenen Gestalten, bemitleide ich fast die paar Inder, die leicht in der Menschenmenge untergehen.
Nach einem kurzen Abstecher zum stillen Oertchen - alles blitzt und blinkt nur so vor Sauberkeit und mir wurden nach dem Haendewaschen mit frischen Handtuechern die Haende abgetrocknet - naeherten Michi, Benni und ich uns dem Ausgang. Doch bevor wir das Taj verliessen, wurden wir noch mit Nivea Werbegeschenken und echten Schogettentafeln beglueckt.
Reich beschenkt und gefuellt mit gutem Essen traten wir schliesslich wieder an die warmfeuchte Luft. Die Klimaanlage im Hotel war doch sehr angenehm gewesen, weil ausnahmsweise mal nicht zu kalt eingestellt. Denn auch wenn sich an diesem Abend so viele Deutsche zusammengefunden haben, ziehen wir doch die Indischen Temperaturen dem ungemuetlichen Wo-ist-meine-Jacke-Wetter vor.

Freitag, 2. Oktober 2009

...Dassera

Dienstag, 29. September 2009
Mulund


Gestern hat Nauratri mit grossem Laerm sein Ende genommen. Das Ende und zugleich der Hoehepunkt der "neun Naechte" findet am zehnten Tag statt. Zwar wird nun nicht mehr so viel getanzt, aber die Trommeln werden umso lauter gespielt, waehrend viele Durgastatuen, wie auch die Ganeshaidole vor ungefaehr einem Monat, im Wasser versenkt werden. Die Prozessionen auf dem Weg zum See oder Meer sind denen an Ganpati sehr aehnlich, nur die Lieder und eben die Idole sind verschieden. Ganze Familien machen sich auf den Weg, um dem Versenken zuzusehen und singen dabei, tanzen und lassen Gloeckchen klingeln. Durga wird entweder von ehrenhaften Maennern getragen oder auf einem Wagen geschoben, manche Familien richten ihr auch einen Platz im Kofferraum ihres PKWs ein, wenn der Weg zum Wasser zu weit ist. Viele Prozessionen hinterlassen eine rosarote Spur auf der Strasse - Das kommt vom Pulver, das die Menschen zu solchen Festlichkeiten auf jeden Beteiligten werfen. Besonders Blonde muessen hier aufpassen; die Kleidung, bekommt man, einmal pink, naemlich nicht mehr sauber und helles Haar verliert auch nach dem dritten Waschen noch nicht seinen roetlichen Stich. Hier spreche ich zum Glueck nicht aus Erfahrung, aber ein Kanadier, der auch in Mulund wohnt, war statt blond fuer mindestens eine Woche rothaarig.

Eine andere Attraktion am Abend von Dassera ist die Verbrennund von Idolen des Daemons Ravan. Ich war gestern auch dabei, als eine der vielen graesslichen Statuen vernichtet wurde - und wie! Das Geschehen war begleitet von Feuerwerk, und die bestimmt 15m hohe Figur mit ihrer hassverzerrten Grimasse war unerwarteterweise gefuellt mit Sprengstoff, sodass der Daemon nicht lange zu leiden hatte. Mit ohrenbetaeubendem Laerm und einer nie zuvor gesehenen Feuerwolke feierte man den Sieg des Gottes Ram ueber das Boese. Bei den vielen Menschen, die zusahen, darunter viele Kinder, kam es mir doch sehr undeutsch vor, dass es keine Absperrung vor dem Feuer gab. Inder scheinen solch eine Explosion wohl irgendwie besser einschaetzen zu koennen, ich war jedenfalls froh, dass ich eine grosse Entfernung zum Geschehen hatte. Und sehen konnte ich trotzdem - Manchmal kommt mir meine Groesse eben doch zugute.

Der ruhige, andaechtige Teil von Dassera findet tagsueber, also vor diesem Spektakel statt. Dassera ist ein sehr gluecksverheissender Tag, darum nutzen ihn die Inder zum Beispiel um mit dem Erlernen einer neuen Fertigkeit zu beginnen. Wer gestern angefangen hat, zu tanzen, zeichnen, neue Sprachen oder ein neues Musikinstrument zu lernen, dem ist der Erfolg schon so gut wie sicher. Auch fuer jede Art von Neuanschaffung ist nun der richtige Zeitpunkt. Wo Inder frueher in Gold investiert haben, kaufen sie nun Elektronikware, Moebel oder gar ein neues Auto. Auch ich habe Extra-Taschengeld von meinen Gasteltern bekommen, von dem ich mir ein paar neue Klamotten gekauft habe; inzwischen weiss ich ja, wo und wie ich sie zu einem guten Preis in meinen Besitz bringe.
Doch ob neu gekauft oder schon alt bewaehrt - an Dassera werden Utensilien jeder Art verehrt. Dies wiederum kommt von einer Geschichte der Indischen Mythologie: Fuenf Geschwister kaempften einst gegen ihre 100 Mann. Sie verloren und wurden zur Strafe ueber 13 Jahre im Dschungel verbannt. Waehrend des 14ten Jahres durften sie im Dorf noch nicht wiedererkannt werden, mussten sich also verkleiden, andere Berufe vortaeuschen und auch ihre Waffen verstecken, da diese sozusagen deren Markenzeichen waren. Sie waehlten einen Aapa-Baum aus, unter dem sie ihre Messer und Schwerter legten. Als sie nach einem Jahr zum selben Baum zurueckkehrten, um sich fuer einen erneuten Kampf gegen die gleichen Maenner zu ruesten, die naemlich den Koenig angegriffen hatten, gewannen sie dank der Kraft des des Aapa-Baumes, die ihre Waffen nun innehatten.
An Dassera werden darum nicht nur alle Dinge verehrt, die fuer die Ausuebung alltaeglicher Taetigkeiten notwendig sind - Selbst Autos, Rickshas und Zuege werden mit Blumenketten behaengt -; Inder schenken sich, in Erinnerung an diese Geschichte, die herzfoermigen Blaetter von Aapa-Baeumen. "Sona" werden sie genannt, was uebersetzt Gold bedeutet.

So viele verschiedene Aspekte von nur einem Tag! Neues lernen, Neues kaufen und Gegenstaende die Ehre geben (was mich als Christrin doch ziemlich befremdet hat), "Sona"-Blaetter schenken und geschenkt bekommen und, nicht zu vergessen, die aufwendigen Durgaversenkungen und Rabanverbrennungen. Dassera ist ein voller Tag, fuer den Inder einer der Tage, die am meisten Glueck im ganzen Jahr versprechen. Nun ist erstmal Ruhe vom ganzen Feiern - zumindest fuer zwei Wochen...!

Donnerstag, 24. September 2009

Nauratri...

Dienstag, 22. September 2009
Mulund


„Der Monsun ist vorbei“ – damit habe ich mich wohl geirrt. Ich bin plitschnass geworden, als ich gerade von Yoga wieder nach Hause gekommen bin. Auch gestern, auf der Tanzveranstaltung unter freiem Himmel, hat uns nochmal ein erfrischender Regenguss überrascht.

Aber nun mal von vorne. Kaum ist Ganpati zu Ende, finde ich mich schon mitten in der nächsten Festzeit wieder: Nauratri. „Nau“ bedeutet neun, „ratri“ ist der Abend. Am 19. September fing das Fest an, heute ist also der 4. Tag, an dem, der Legende nach, der Gott Ram mit dem zehnköpfigen Dämon Ravan kämpft. Am zehnten Tag, der hier Dassera genannt wird, tötet Ram Ravan mit einem Pfeil, der diesen genau in den Bauchnabel trifft.
In dieser Zeit wird aber nicht nur Ram verehrt, der übrigens die siebte Erscheinungsform von Vishnu ist (das Dreigespann Brahma, der Schöpfer; Vishnu, der Beschützer und Mahesh, der Zerstörer findet sich in nahezu jeder Legende wieder). In Maharashtra zum Beispiel, der Zone Indiens in der Mumbai liegt, wird besonders Durga verehrt. Sie ist eine Erscheinungsform von Parvati, der Ehefrau von Mahesh (schon wieder!). Durga sitzt auf einem Tiger und hat acht Hände, in denen sie einen Dreizack, einen Säbel, weitere Waffen und zuletzt eine Lotusblüte hält, zum Zeichen der Weiblichkeit. Mit ihrer aggressiven Art besiegt sie jeden Dämon, der ihr nicht rechtzeitig enflieht. Solche robusten Charakterzüge sind bei Indischen Frauen eigentlich gar nicht üblich, und doch soll das Bild von Durga den Männern in Erinnerung rufen, wie grausam auch Frauen sein können, ist ihre große Geduld einmal vorüber.
Dassera wird jedenfalls in allen Teilen Indiens gleich gefeiert, aber davon erzähle ich im zweiten Teil.

Gleich am zweiten Tag hat mich meine Gastmutter zu einem Ritual namens Savashin mitgenommen. Wir sind mit Zug und Riskshaw zum Haus eines entfernten Verwandten gefahren und haben dort viele andere Frauen getroffen, die natürlich auch gerne mitmachten: Bei diesem Ritual, das in dieser Form nur einmal im Jahr stattfndet, werden Frauen zu Göttinnen. Eigentlich können nur Verheiratete und Mädchen bis 12 Jahren patizipieren, für mich wurde aber eine Ausnahme gemacht, sodass auch ich mich zu den in Sarees gekleideten Inderinnen gesellen durfte, die zuerst die guten Gaben empfingen. Die drei „Dienerinnen“ der ersten Runde wurden in der zweiten Runde zu den Göttinnen und drei der anderen dienten ihnen.
In verschiedenen Durchgängen wurden uns die Füße mit Wasser und Milch gewaschen, uns wurde farbiges Puder und Reis auf die Stirn getupft, wir bekamen Kokosnussöl auf die Haare und Rosenwasser auf den Hals. Es wurden weiße Blumenketten fürs Haar herumgereicht und wir bekamen schleißlich heiße Milch mit Trockenobst und Nüssen darin gereicht und eine ganze Tüte voller Obst, Rosinen und Zuckerstücken. Während dieser Zeit wurde geplaudert und oft herzlich gelacht. Wir alle blieben noch zum Mittagessen und gingen danach reich beschenkt nach Hause.
Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, wenn sich ältere Frauen auf einmal vor einem hinknien oder sich verbeugen. Aber nächstes Mal sind sie ja wieder die Erhabenen.

Jede der neun Nächte wird nun gefeiert. Typisch für Nauratri sind die Tänze Garba und Dandiya, wobei sich eine Gruppe von ca. 10-15 Leuten zusammenfinden, einen Kreis bilden und in einer bestimmten Schrittfolge zur lauten, rhythmischen Musik tanzen. Sie drehen sich, machen teils große Sprünge, teils graziöse Handbewegungen oder klatschen im Takt. Dandiya wird in kleineren Gruppen getanzt, wobei jeder zwei Stöcke in den Händen hat. Man muss die Schritte wohl wirklich beherrschen, um keine Angst vor einem unabgewehrten Schlag zu haben.
Gestern haben einige Rotaracter Adriana und mich zu dem größten Tanzfest in Mulund mitgenommen. Um die 1000 Leute waren dort und haben auf einem großen Lehmplatz von acht bis 10 Uhr abends zu Livemusik getanzt. Manche hatten schillernde Kostüme an, andere sind wohl direkt von der Arbeit gekommen und haben ihre Hemden vollgeschwitzt. Es war so warm! Aber es hat wirklich Spaß gemacht, auch wenn es etwas gedauert hat, bis ich die Schritte beherrscht habe.
Um genau 10 Uhr nimmt das Fest sein Ende, weil die Regierung einen neuen Beschluss gegen laute Musik in der Öffentlichkeit gefasst hat. Bevor die Menge sich verlief wurden Preise für die schönsten Kleider vergeben und auch ich habe einen Preis bekommen! Als einzige Blonde unter so vielen Indern und einer Mexikanerin fällt man eben auf.

Waehrend Nauratri gibt es fuer jeden Tag eine bestimmte Farbe, mit der sich alle Frauen, wenn sie wollen, schmuecken koennen. Heute, zum Beispiel, sah man viele blaue Sarees, manche transparent, andere mit Stickereien, gemustert oder mit silbrigen Paletten versehen. Morgen kann ich mich auf Gelb, uebermogen auf Hellgruen freuen. Mal sehen, ob mein Kleiderschrank auch etwas Passendes hergibt, oder ob ich mir noch etwas erhandeln muss!

Samstag, 19. September 2009

Der Monsun ist vorbei!

Hier bin ich wieder!
Die letzte Zeit war vollgepackt mit College, Ausflügen und Treffen mit den anderen Austauschschülern. Auch habe ich mittlerweile das Haus meiner dritten Gasfamilie gesehen. Sie haben mich das letzte Wochenende über eingeladen – Im Vergleich zu den Stadtwohnungen ist ihr Haus riesig, man muss aber eben auch gut eine halbe Stunde aus der Stadt herausfahren. Ich werde wohl eine von drei Etagen ganz für mich allein haben! Wie mir erzählt wurde, war die Gegend ursprünglich nur von Grün umgeben, nun wird auch hier gebaut. Die Bevölkerung wächst und wächst...
Wegen der dennoch ländlichen Lage bin ich dieses Wochenende verstärkt mit Moskitos konfrontiert worden. Natürlich hate ich gerade diesmal vergessen, meine Antimückencreme einzupacken, daran hatte ich bis Dienstag etwa zwanzig Mückenstiche als juckendes Andenken. Außer Moskitos beherbergt meine zukünftige Familie noch zwei Hunde und eine Schildkröte.

Letzte Woche war außerdem die Zeit, in der Familien ihren Verstorbenen gedachten und ihnen Essen ins Jenseits schicken konnten. „Pitter Paksha“ heißt das Ritual, bei dem sich die Familie zusammenfindet und bestimmte Gerichte zubereitet, diese dann auf Pappteller verteilt und auf der Terasse platziert. Dann wird darauf gewartet, dass die Krähen sich über die Fettgebäcke, die Kartoffelstücke und das kleine Detail, das für den Verstorbenen die Lieblingsspeise war, hermachen und es den Verstorbenen symbolisch in den Himmel bringen. Erst nachdem eine Krähe sich genähert hat und „das Buffet eröffnet“, dürfen alle anderen Familienmitglieder mit dem Essen anfangen. Zum Glück gibt es in Badlapur, in dem Dorf meiner Gastgroßeltern, viele Krähen und wir mussten nicht lange warten, es soll aber auch Jahre gegeben haben, an denen die ganze Familie stundenlang und mit knurrendem Magen auf die sonst so unerwünschten Vögel gewartet hat.

Neben dem Zentrum und der westlichen Seite Mumbais, die ich nun auch langsam erkunde, genieße ich es immer wieder, nach Südmumbai zu kommen. Nicht nur, weil dort so viele der anderen Inbounds anzutreffen sind, sondern auch, weil es einfach so viele Sehenswürdigkeiten gibt und natürlich das Meer. Auch fühle ich mich dort nicht so allein – Im Süden finden sich immer helhäutige Touristen, manchmal sogar mit Shorts und Ausschnitt.
Fast alle Mumbai-Austauschschüler haben sich am Montag für eine Sightseeing Tour getroffen. Wir haben Dhobitalao gesehen, ein Armenviertel, in dem die Menschen, um Geld zu verdienen, anderer Leute Wäsche waschen und zum Trocknen auf ihren Dächern aufhängen. Der Bereich ist zwar nicht zugänglich, aber wir hatten einen guten Blick darauf und haben manche Fotos von den leuchtend weißen Hemden gemacht, die über den baufälligen, schmutzigen Baracken hingen. Es ist mir ein Rätsel, wie die Kleider, unter diesen Umständen gewäschen, so sauber werden können.
Dann sind wir zur Haji Ali Moschee gefahren. Sie liegt praktisch im Meer und man muss, um zu ihr zu gelangen, einen Steg entlanglaufen, der fast bis zum Ende hin von Bettlern und Händlern zum Geldmachen genutzt wird. Sollte er ursprünglich einmal zur Besinnung vor dem Betreten der Moschee dienen, so ist diese Zeit wohl vorbei. Zu gerne schaut man sich links und rechts die funkelnden Ringe oder weichen Schals an. Bei der Moschee angelangt, gab es eine Menge Fotos und, in kleineren Grüppchen, sahen wir uns das „Allerheiligste“ an. Mädels und Frauen müssen sich davor ein Tuch um den Kopf tun, was sehr zur Belustigung der Jungs beitrug.
Die dritte Station dieses Tages war der Mahalaxshmi Tempel. „Maha“ bedeutet groß, „Laxshmi“ ist die Göttin des Reichtums. Sie wird in der Mitte der Anlage mit drei goldenen Köpfen gezeigt, und selbst an einem Nichtfeiertag gab es eine große Schlange von Menschen, die dem Abbild Opfer darbrachten. Im Gegenzug dafür bekamen sie eine halbe Kokusnuss, Zuckerstücke und Blumen.
Der „Tempel“ besteht also eigentlich aus diesem Gebäude als Zentrum, einigen kleinen Häuschen drum herum, in denen andere Götterstatuen gezeigt werden (z. B. Hanuman, der Affengott) und selbst eine Kantine für all die Angestellten ist zu finden.

Im kleinen Restaurant, in dem wir zuletzt einkehrten, erfrischten wir uns alle mit frischen Säften und indischen Snacks. Dann ging es wieder zur Zugstation und wir verabschiedeten uns mit einem fröhlichen „See you tomorrow!“, denn am nächsten Tag feierten wir, auf Vorschlag der drei Mexikaner, den Mexikanischen Unabhängigkeitstag.

Gestern habe ich das erste Mal meinen Vortrag über Deutschland gehalten, in einem College, in dem mich bis dahin niemand kannte und ich kannte erst recht niemanden, außer die Lehrerin, die mich dafür angefragt hatte. Sie unterrichtet Deutsch und ist auch in meinem Rotaryclub. Ich war zwar nicht nervös, aber es war so warm! Am Ende waren doch alle zufrieden und haben noch viele, viele Fotos von der verschwitzten Anthea gemacht.

Der Monsun ist jetzt wirklich zu Ende. Der Himmel ist blau, nur ein paar Schäfchenwolken ziehen manchmal vorbei. Die Farben auf den Straßen leuchten nun umso intensiver und man muss nicht mehr so auf matschige Pfützen auf der Straße achten. Eigentlich wäre nun die richtige Zeit für Sonnencreme, aber man schwitzt hier einfach so viel, dass ich mir wohl besser einen Sonnenhut zulege.

Donnerstag, 10. September 2009

National Park

Samstag, 5. September 2009
Thane

Wie zum Dank für den großen Aufwand, der am 3. September für ihn getrieben wurde, schickt Ganesha seitdem einen Regen, wie ich ihn bisher kaum gesehen habe. An den Fenstern sind dunkle Ränder von Regenwasser zu erkennen, die sich immer weiter auf der Tapete ausbreiten. Gerade heute wollen meine Gastfamilie und ich einen Ausflug zum National Park machen, in einen Teil, in den man nicht ohne gute Kontakte hineingelangt. Meine Gasteltern haben es jedenfalls geschafft, unsere Zulassung zu erkämpfen.
Uns öffneten sich zahlreiche Schranken, die klar mit der Aufschrift "NO ENTRY" gekennzeichnet waren. Ein tolles Erlebnis war das: Gerade noch unter Hupen und Schimpfen in den Abgasen herumgekurvt, fuhren wir plötzlich durch dschungelartige Landschaften. Das strahlende, frische Grün der hohen Bäume, der Sträucher und Büsche und die klare Luft gab einen starken Kontrast zu dem Dreck und den staubigen Straßen Mumbais.
Wegen dem starken Regen zeigten sich uns leider keine Löwen oder Tiger, nur ein Leopard in einer eingezäunten Zone schaute uns verwundert nach, als wir mit einer kleinen Bimmelbahn an seinem Gebiet vorbeifuhren. Wir sahen Rehe, Ziegen, interessante Vögel und, für mich das Highlight des Ausfluges, zwei Affenfamilien. Sie saßen auf einem Baum nahe der Straße, auf der wir fuhren, und starrten das Auto mit großen Augen an - wie kleine, behaarte Menschenkinder!
In unserem Auto, das in fast jede Parklücke hineinpasst, klemmten für einige Stunden also fünf Leute: Meine Gasteltern, mein Gastbruder, eine Begleitperson - ein freundlicher, redseliger Mann, der aber leider nur Marathi sprach - und ich. Viel Bewegungsfreiheit gab es nicht, sodass wir uns bald alle auf Dosa, ein Indisches Reisgebäck gefüllt nach Wahl, und auf dickflüssigen Lassi freuten.
Heute war wirklich eine Wohltat für meine Lungen! Die Luft war fast so gut wie im guten alten Bad Kreuznach.

Dienstag, 1. September 2009

Monatsbericht August

Am Ende jeden Monats lege ich meinem Rotary Club in Indien einen Bericht vor, eine Art Zusammenfassung meiner Erlebnisse, um auch die Rotarier hier an meinem Leben teil haben zu lassen. Im Gegenzug bekomme ich mein Taschengeld - Dafür macht man es doch gerne!
Hier der 'report' von August:

"Dear President, dear Rotarians,


August is over and I again had the chance to make a lot of new experiences which I would like to share with you!

Writing this I just came back from Panvel, where I stayed Saturday and Sunday with many Indian boys and girls and around 15 Inbound students for the Rotary Youth Leadership Awards (RYLA), an offer from the Rotary District 3410. Our group of ca. 70 people had a great time discussing, playing games, listening to music, swimming and hiking on a mountain nearby, where we took a nice shower in the waterfalls. In this Hotel there was a big hall where there was also the opportunity to dance! Apart from teaching Chacha and Rumba steps here and there, my host family is really improving, I could again do ballroom dancing after almost two months. Michael, one of the Inbound students who lives in Mumbai South, and me gave a Walz performance on the second day. Now we are looking for a hall near we stay, to teach all girls and boys who became interested and to train ourselves. Hopefully we find something!


But the RYLA camp actually is not the main thing I wanted to speak about, as during the last weeks Ganpati was going on.

I saw Mumbai twinkling, sparkling, glittering in all kinds of colours. Ganesha idols were to be found in every house, in every street – everywhere! Thanks to my host parents I also know, why this god has such a special head and this big stomach.

During the two days when Ganpati was also celebrated in our house I got to know many new recipies and the names Indian snacks: Puranpoli, Aluwari and Cachori are just a few of them. I also experienced how it feels like to wear a Saree half a day long, as some of you certainly remember. Poojas were hold, Aartis were sung and there was a lot to eat. Now I am looking foreward to the 10th day, the end of this big festival.


The last month was full of singing, dancing but also learning, as I am now a student of the V. G. Vaze College in the stream Arts. Also my school in Germany has begun, so I study for Mathematics using the same Maths book like my German class mates. By luck Aniruddha can often help me if I get confused.

Everytime I get more used to the Indian trains and, arriving at CST station, I learn how to bargain with Indian passion. I enjoy meeting Inbounds and Indian people and make a lot of contacts.

The 26th of August my host parents took Adriana and me to an sight seeing trip all over Mumbai, where we took a lot of photos walking through the wonderful Hanging Garden, standing infront of the sea or watching the Haji Ali mosk. We also went to the Aquarium.

Going back in time I notice, that Krishna's birthday also has been in August! It was a great festival and I have watched a lot of pyramides, tembling until the Handi was broken and everybody took a yellow Dahi shower.


When I think of Aniket I am sure he also enjoyes very much all new things he gets to know. All four of us keep in contact via Skype, where we can not only chat with each other, but also see our faces! It is so funny to hear him talking about students or teachers of my school!


I live in a time that is full of action, and I really enjoy this.

Last but not least I want to thank you for supporting me! Bahot bahot shukria, phir melenge!"

Donnerstag, 27. August 2009

Ganpati

Mittwoch, 26. August 2009



Mumbai funkelt, glitzert, leuchtet in allen erdenklichen Farben und Ganesha, der Gott mit dem Elefantenkopf, ist nun in jeder Straße und gewiss auch in den Wohnungen zu finden: Es ist das Fest Ganpati. Arm und reich feiern den Gott, der die Stolpersteine auf jedermanns Weg zu Erfolg oder dem persönlichen Lebensziel beseitigen soll.

Aber wie kommt er zu dieser Art von Kopf?


Im Hinduismus glaubt man, wie auch im Christentum, an eine Dreieinigkeit: Brahma, der Schöpfer, Vishnu (auch Krishna genannt), der Beschützer und Mahesh, der Zerstörer. Nach der Legende war dieser letzte mit Parvati verheiratet. Als sie schwanger wurde, ging Mahesh auf eine langjährige Reise. Noch während seiner Abwesenheit gebar Parvati einen Sohn und nannte ihn Ganesha. Schon als kleiner Junge lernte er, seine Mutter und Kailash, ihre Höhle im Himalayas, zu beschützen. Auf Befehl der Mutter hielt er Wache vor dem Eingang und ließ niemanden herein, unglücklicherweise machte er auch für seinen eigenen Vater keine Ausnahme, als er eines Tages von seiner Reise zurückkam. Mahesh wurde so zornig, dass ihm der Eintritt zu seinem eigenen Haus verwehrt wurde, dass er seinen Sohn, ohne ihn als diesen zu erkennen, kurzerhand köpfte. Wie das mit einem Dreizack, Mahesh' Markenzeichen, möglich war, versteht niemand so recht, und doch ist es wichtig, dass der Kopf im Flug einen weiten Weg zurücklegte. Parvati freute sich natürlich über die Rückkehr ihres Mannes, war aber bestürzt, als sie die Leiche ihres Sohnes sah. Sie erklärte Mahesh, wen er gerade umgebracht hat und befahl ihm, den Kopf wiederzubringen. Nach langer, erfolgloser Suche kehrte Mahesh statt dessen mit einem Elefantenkopf wieder, der so zu Ganeshas Markenzeichen wurde.


Ganpati wird hier so gefeiert wie Ostern in Deutschland. Den Samstag verbrachten Adriana und ich damit, meiner Gastmutter in der Küche zu helfen. Wir rührten eine scharfe Creme an, schmierten große „Alu“-blätter damit ein oder halfen bei der Zubereitung von süßem Chapati (Puranpoli). Auch wenn wir nicht von den Speisen kosten durften – die Gäste müssen den ersten Bissen nehmen – war dies eine überaus interessante und spaßige Arbeit, verglichen mit dem anstrengenden Schreiben im College.

Viele der Zutaten hatten mein Gastbruder Aniruddha und ich den Tag zuvor eingekauft. Die Straßen waren schon geschmückt mit Girlanden und Lichterketten, durch die Abgase hindurch duftete es nach Räucherstäbchen und Süßem. Die Läden waren proppenvoll – dies muss die Hochzeit aller Händler sein! Die Kunden lassen sich weder von der Lautstärke noch von dem Gedrängel innerhalb und vor dem Geschäft abschrecken und stolpern im besten Fall mit vollen Einkaufstüten, geschwitzt aber glücklich, aus dem Getummel heraus.


Am Sonntagmorgen, nachdem das Idol und all das andere Silber poliert worden war, zog Ganesha in die Wohnung ein. Die Figur wurde von meinem Gastbruder in die Wohnung getragen und mit Pulver und Reis begrüßt bevor sie in ihren Tempel wandert. Da meine Gatfamilie andere Familien und Bekannte dazu eingeladen hatte, während der ersten Tage Festzeit mal in unserer Wohnung vorbeizuschauen, hatten wir natürlich einen Haustempel. Es ist ein Gebilde aus Plastik, das mit bunter Farbe und Glitzer besprüht ist. Nach Deutschem Verständnis macht er einen etwas kitschigen Eindruck, Inder freuen sich dagegen umso mehr daran, wenn er zusätzlich mit Blumen und blinkenden Lichterketten geschmückt wird.

Dem Einzug folgt eine Pooja, diesmal von meinem Gastgroßvater Dada und Aniruddha ausgeübt. Diese war nicht viel anders als die des Badhji und Aniket, von der ich schon berichtet habe, nur wurden die Texte abgelesen und das Ritual dauerte nur zwei statt vier Stunden. Das unregelmäßige Blinken der Lichterkette auf dem Dach des Tempels, vor dem die Pooja stattfand, schien niemanden zu stören und auch die Familie des Bruders meiner Gastmutter, die währenddessen eintrudelte, kam nicht etwa zu einem unpassenden Zeitpunkt: Umso lauter war der Lobgesang (Aarti) gleich im Anschluss an die Pooja. Zwar sind die Gesänge nicht sehr melodiös, aber rhythmisch, sodass ich mit Summen und Klatschen einen Teil zur Aarti beitragen konnte. Geht man in dieser Woche durch die Straßen, so kann man aus vielen Wohnungen das Klatschen und Glöckchen hören und weiß: Dort wird auch Ganpati gefeiert! Schätzungsweise jede vierte Indische Familie lädt zu sich in die Wohnung ein, einige für zwei Tage, so wie meine Gastfamilie, andere für fünf oder gar zehn Tage.


Sonntag und Montag kamen also allerlei Bekannte und Verwandte auch in unsere Wohnung. Zu diesem Anlass trug ich zum ersten Mal meinen Sari! Obwohl dadurch ein Teil meines Rückens und der Bauchbereich frei waren und mine Gastmutter den Stoff, aus einem Stück bestehend, nur recht locker gebunden hatte, war mir doch unglaublich heiß. Außerdem war die dazugehörige kurze Bluse so eng, dass ich kaum durchatmen konnte. Im Gegenzug erntete ich viele gut gemeinte Komplimente: „You look like an Indian Barbie doll“ war eines davon.

In erster Linie ist der Besuch natürlich Ganesha zu Ehren: Jeder Besucher zieht wie immer schon im Flur die Schuhe aus, hält nach Eintritt in die Wohnung einen Moment vor dem Tempel inne und legt mitgebrachte Früchte, Nüsse, Blumen oder auch Geld Ganesha zu Füßen. Nun erhält jeder Gast einen Tropfen Milch mit Zucker und Fett vermischt in die rechte Hand, später eine Süßigkeit namens Peda. Doch nicht genug: In der Küche wird jedem Gast ein Pappteller mit einer Auswahl an Snacks zusammengestellt, die nur ungern abgelehnt werden. Besonders in den letzten Tagen, an denen meine Gastfamilie und ich andere Familien besuchten, war es schwer, den fettigen oder süßen Kleinigkeiten fernzubleiben ohne die Hausfrau zu enttäuschen.


Die Gäste kommen und gehen. Sehen und Gesehen werden, Smalltalk und einladendes Lächeln können nach zwei Tagen doch recht anstrengend werden, sodass ich trotz der erlebnisreichen Zeit auch ganz erleichtert war, als die letzte Pooja stattfand und Ganesha seinen Tempel wieder verließ und in den Schrank zurückwanderte. Dies ist allerdings kein normales Ende der Festzeit: Ganeshas aus Plastik oder sogar ökofreundlichem Material werden traditionell im Meer oder in nahe gelegenen Seen versenkt.

Hierzu tragen in Wohninseln viele Familien ihre Idole zusammen und stellen sie zu der größeren, besonders reich geschmückten Figur, vor der sich die ganze Wohngemeinschaft versammelt und feiert. Von Trommeln und Gesang begleitet laufen (oder tanzen) die Familien zum nächstgelegenen Gewässer. Dort wird jede Figur einzeln versenkt: Ein Mann nimmt die Figur entgegen und taucht dreimal von Kopf bis Fuß mit ihr unter, taucht wieder auf, bis er beim vierten Mal ohne sie wieder erscheint. Ein kleines Stück der Figur (Klea) gibt er der Familie zurück und wird im Gegenzug mit einigen Rupien entlohnt.

Das größte Event dieser Festwoche ist das Versenken der fünf bis sechs Meter großen Ganeshas am zehnten Tag, dem 3. September. Der Strand ist so voll, dass sich die Leute wohl wirklich gegenseitig auf die Füße treten, um einen Blick auf die Statuen zu erhaschen. Mir wird erzählt, dass die Statuen wie beim Deutschen Karneval die Straßen entlanggefahren werden, dazu soll es Musik und Tanz geben. Ich freue mich schon drauf!

Schnäppchenjagd

Dienstag, 25. August 2009

Mumbai Süd


Heute habe ich die Indischen Händler kennengelernt, oder vielleicht besser andersrum? Beim Treffen mit einigen anderen Inbounds in Mumbai Süd habe ich zwei Ketten, ein Kleid und ein Oberteil für 500 Rupien erstanden, das entspricht ca. 7.50 € – daran kann ich mich gewöhnen! Ich muss mir nur etwas einfallen lassen, wie ich meine Ansammlungen nach einem Jahr nach Deutschland verfrachten will, wenn mich Lufthansa nur einen 20kg schweren Koffer mitnehmen lässt...

Freitag, 14. August 2009

Krishnas Geburtstag

Donerstag, 13. August 2009
Mulund West


Heute vor einem Monat bin ich angekommen! Den Abend dieses Tages verbrachte ich bei Adriana (Inbound aus Mexico) und ihrer Gastfamilie bestehend aus Gastmutter, -vater, -bruder und -großmutter. Ihre Gastschwester ist letzte Woche ebenfalls als Rotary-Austauschschülerin nach Mexiko geflogen, hat Adriana aber vorher all ihren Freundinnen aus der Wohninsel vorgestellt. Nun kenne ich auch einige davon – wir spielten einige Runden „Uno“, plauderten über den Austausch und übersetzten einige hilfreiche Sätze von Englisch in Hindi und von Hindi ins Spanische. „Khaane ka theeka mat banao“ ist einer davon: „Please don't make the food spicy“.
Es gab ein ausgiebiges Abendessen, obwohl wir immer wieder betonten, wir seien noch satt vom Mittagssen. (Was würden sie bloß mit uns machen, wenn sie unsere Bäuche knurren hörten??) Gegen 23 Uhr, als Adriana und ich uns schon bald bettfein machen wollten, begann ihre Gastmutter von einer Feier zu Ehren Krishnas zu reden. Dieser Gott mit einer Querflöte, seinem Markenzeichen, hat nämlich am 14. August Geburtstag.
Wir gingen nicht etwa in einen Tempel oder ein anderes Gotteshaus, wir wechselten nur das Stockwerk. Wir erreichten mit dem Aufzug den „9th floor“; schon ab dem sechsten jedoch hörten wir die Trommeln und mit Mikrofon verstärkten Gesänge. Welch eine Lautstärke mitten in der Nacht in einem Haus, in dem so viele Menschen so dicht beieinander wohnen! Zum Glück gibt es in Indien kein Ordnungsamt.
Im Flur vor der Wohnung, in der die Feier stattfand, lagen bestimmt 50 Paar Schuhe. Dementsprechend voll war es in der reich geschmückten Wohnzimmer: Es hingen Blumengirlanden, Glitzergirlanden und Lichterketten knapp unter den Ventilatoren unter der Decke, ein großer Luftballon baumelte von einem Regal und eine Krishna-Porzellanfigur nahm den zentralen Platz auf der Kommode ein, auf dem ansonsten bestimmt der nun in die Ecke geschobene Flachbildfernseher steht. Die vielen orange-, gelb- und pinkfarbenen Blumenketten um sich, war Krishna kaum noch zu sehen. Die bunteste Raumdekoration waren jedoch die Sarees aller anwesenden Frauen. Die meisen saßen auf dem Boden, einige ältere Frauen teilten sich den Platz auf dem Sofa. Von Erdtönen bis hin zu Azurblau über Purpur und Neongelb – jede Farbe hätte sich finden lassen. Zwischen den vielen Frauen sprangen Kinder umher, ihnen war die späte Uhrzeit im Gegensatz zu mir kein Bisschen anzumerken. Auch Männer und Jugendliche fanden sich in der Menge. Sie saßen weiter vorne, auch auf dem Fußboden, und machten Musik. Ein Keyboard mit Zittersound, viele Schlaginstrumente und die Vibratostimmen der Sänger und Sängerinnen ließen ab 23.45 Uhr die ersten Reihen tanzen. Alle anderen sangen mit oder klatschten im Takt. In einer kurzen Singpause klingelte auf einmal das Telefon und ein Schmunzeln ging durch die Runde. Auch in einer normalen Wohnung kann ein Gottesdienst stattfinden, sodass man sich bald wie in einer (...) fühlt.
Um Mitternacht wurde die Musik noch einmal besonders „forte“. Die Neonleuchten wurden ausgeknipst, sodass nur noch die Lichterketten und die Öllampen um die Götterfigur herumplatziert Licht gaben. Ein Räucherstäbchen wurde angezündet und an den Luftballon gehalten, der mit einem lauten Peng! zerplatzte. Alle standen auf, viele sprachen Gebete oder opferten der Götterfigur weitere Blumen, Gewürze, Geld.
Gegen 00.15 Uhr ging das Licht wieder an und es wurde weitergesungen, geklatscht, gefeiert. Angesichts unserer vom Klatschen schmerzenden Hände versicherte uns Adrianas Gastmutter, wir würden in fünf Minuten aufbrechen. Zum Glück konnte ich bei Adriana übernachten, denn bis die Feier zu Ende war zogen sich die fünf Minuten eine halbe Stunde lang. Jeder bekam eine Art süßen Kartoffelbrei mit salzigen, weichgekochten Erbsen in Plastikschälchen und Plastikbecher mit lauwarmer Milch, darin Nüsse und Trockenfrüchte in die Hand gedrückt. Danach ging es schleunigst und mit protestierendem Magen ins Bett.
Adriana und ich waren so betäubt von dem erlebnisreichen Tag, dass wir die Ratte im Badezimmer erst am nächsten Morgen entdeckten...

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