Donnerstag, 24. September 2009

Nauratri...

Dienstag, 22. September 2009
Mulund


„Der Monsun ist vorbei“ – damit habe ich mich wohl geirrt. Ich bin plitschnass geworden, als ich gerade von Yoga wieder nach Hause gekommen bin. Auch gestern, auf der Tanzveranstaltung unter freiem Himmel, hat uns nochmal ein erfrischender Regenguss überrascht.

Aber nun mal von vorne. Kaum ist Ganpati zu Ende, finde ich mich schon mitten in der nächsten Festzeit wieder: Nauratri. „Nau“ bedeutet neun, „ratri“ ist der Abend. Am 19. September fing das Fest an, heute ist also der 4. Tag, an dem, der Legende nach, der Gott Ram mit dem zehnköpfigen Dämon Ravan kämpft. Am zehnten Tag, der hier Dassera genannt wird, tötet Ram Ravan mit einem Pfeil, der diesen genau in den Bauchnabel trifft.
In dieser Zeit wird aber nicht nur Ram verehrt, der übrigens die siebte Erscheinungsform von Vishnu ist (das Dreigespann Brahma, der Schöpfer; Vishnu, der Beschützer und Mahesh, der Zerstörer findet sich in nahezu jeder Legende wieder). In Maharashtra zum Beispiel, der Zone Indiens in der Mumbai liegt, wird besonders Durga verehrt. Sie ist eine Erscheinungsform von Parvati, der Ehefrau von Mahesh (schon wieder!). Durga sitzt auf einem Tiger und hat acht Hände, in denen sie einen Dreizack, einen Säbel, weitere Waffen und zuletzt eine Lotusblüte hält, zum Zeichen der Weiblichkeit. Mit ihrer aggressiven Art besiegt sie jeden Dämon, der ihr nicht rechtzeitig enflieht. Solche robusten Charakterzüge sind bei Indischen Frauen eigentlich gar nicht üblich, und doch soll das Bild von Durga den Männern in Erinnerung rufen, wie grausam auch Frauen sein können, ist ihre große Geduld einmal vorüber.
Dassera wird jedenfalls in allen Teilen Indiens gleich gefeiert, aber davon erzähle ich im zweiten Teil.

Gleich am zweiten Tag hat mich meine Gastmutter zu einem Ritual namens Savashin mitgenommen. Wir sind mit Zug und Riskshaw zum Haus eines entfernten Verwandten gefahren und haben dort viele andere Frauen getroffen, die natürlich auch gerne mitmachten: Bei diesem Ritual, das in dieser Form nur einmal im Jahr stattfndet, werden Frauen zu Göttinnen. Eigentlich können nur Verheiratete und Mädchen bis 12 Jahren patizipieren, für mich wurde aber eine Ausnahme gemacht, sodass auch ich mich zu den in Sarees gekleideten Inderinnen gesellen durfte, die zuerst die guten Gaben empfingen. Die drei „Dienerinnen“ der ersten Runde wurden in der zweiten Runde zu den Göttinnen und drei der anderen dienten ihnen.
In verschiedenen Durchgängen wurden uns die Füße mit Wasser und Milch gewaschen, uns wurde farbiges Puder und Reis auf die Stirn getupft, wir bekamen Kokosnussöl auf die Haare und Rosenwasser auf den Hals. Es wurden weiße Blumenketten fürs Haar herumgereicht und wir bekamen schleißlich heiße Milch mit Trockenobst und Nüssen darin gereicht und eine ganze Tüte voller Obst, Rosinen und Zuckerstücken. Während dieser Zeit wurde geplaudert und oft herzlich gelacht. Wir alle blieben noch zum Mittagessen und gingen danach reich beschenkt nach Hause.
Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, wenn sich ältere Frauen auf einmal vor einem hinknien oder sich verbeugen. Aber nächstes Mal sind sie ja wieder die Erhabenen.

Jede der neun Nächte wird nun gefeiert. Typisch für Nauratri sind die Tänze Garba und Dandiya, wobei sich eine Gruppe von ca. 10-15 Leuten zusammenfinden, einen Kreis bilden und in einer bestimmten Schrittfolge zur lauten, rhythmischen Musik tanzen. Sie drehen sich, machen teils große Sprünge, teils graziöse Handbewegungen oder klatschen im Takt. Dandiya wird in kleineren Gruppen getanzt, wobei jeder zwei Stöcke in den Händen hat. Man muss die Schritte wohl wirklich beherrschen, um keine Angst vor einem unabgewehrten Schlag zu haben.
Gestern haben einige Rotaracter Adriana und mich zu dem größten Tanzfest in Mulund mitgenommen. Um die 1000 Leute waren dort und haben auf einem großen Lehmplatz von acht bis 10 Uhr abends zu Livemusik getanzt. Manche hatten schillernde Kostüme an, andere sind wohl direkt von der Arbeit gekommen und haben ihre Hemden vollgeschwitzt. Es war so warm! Aber es hat wirklich Spaß gemacht, auch wenn es etwas gedauert hat, bis ich die Schritte beherrscht habe.
Um genau 10 Uhr nimmt das Fest sein Ende, weil die Regierung einen neuen Beschluss gegen laute Musik in der Öffentlichkeit gefasst hat. Bevor die Menge sich verlief wurden Preise für die schönsten Kleider vergeben und auch ich habe einen Preis bekommen! Als einzige Blonde unter so vielen Indern und einer Mexikanerin fällt man eben auf.

Waehrend Nauratri gibt es fuer jeden Tag eine bestimmte Farbe, mit der sich alle Frauen, wenn sie wollen, schmuecken koennen. Heute, zum Beispiel, sah man viele blaue Sarees, manche transparent, andere mit Stickereien, gemustert oder mit silbrigen Paletten versehen. Morgen kann ich mich auf Gelb, uebermogen auf Hellgruen freuen. Mal sehen, ob mein Kleiderschrank auch etwas Passendes hergibt, oder ob ich mir noch etwas erhandeln muss!

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Rotary-Austauschschülerin nach Mumbai