Samstag, 19. September 2009

Der Monsun ist vorbei!

Hier bin ich wieder!
Die letzte Zeit war vollgepackt mit College, Ausflügen und Treffen mit den anderen Austauschschülern. Auch habe ich mittlerweile das Haus meiner dritten Gasfamilie gesehen. Sie haben mich das letzte Wochenende über eingeladen – Im Vergleich zu den Stadtwohnungen ist ihr Haus riesig, man muss aber eben auch gut eine halbe Stunde aus der Stadt herausfahren. Ich werde wohl eine von drei Etagen ganz für mich allein haben! Wie mir erzählt wurde, war die Gegend ursprünglich nur von Grün umgeben, nun wird auch hier gebaut. Die Bevölkerung wächst und wächst...
Wegen der dennoch ländlichen Lage bin ich dieses Wochenende verstärkt mit Moskitos konfrontiert worden. Natürlich hate ich gerade diesmal vergessen, meine Antimückencreme einzupacken, daran hatte ich bis Dienstag etwa zwanzig Mückenstiche als juckendes Andenken. Außer Moskitos beherbergt meine zukünftige Familie noch zwei Hunde und eine Schildkröte.

Letzte Woche war außerdem die Zeit, in der Familien ihren Verstorbenen gedachten und ihnen Essen ins Jenseits schicken konnten. „Pitter Paksha“ heißt das Ritual, bei dem sich die Familie zusammenfindet und bestimmte Gerichte zubereitet, diese dann auf Pappteller verteilt und auf der Terasse platziert. Dann wird darauf gewartet, dass die Krähen sich über die Fettgebäcke, die Kartoffelstücke und das kleine Detail, das für den Verstorbenen die Lieblingsspeise war, hermachen und es den Verstorbenen symbolisch in den Himmel bringen. Erst nachdem eine Krähe sich genähert hat und „das Buffet eröffnet“, dürfen alle anderen Familienmitglieder mit dem Essen anfangen. Zum Glück gibt es in Badlapur, in dem Dorf meiner Gastgroßeltern, viele Krähen und wir mussten nicht lange warten, es soll aber auch Jahre gegeben haben, an denen die ganze Familie stundenlang und mit knurrendem Magen auf die sonst so unerwünschten Vögel gewartet hat.

Neben dem Zentrum und der westlichen Seite Mumbais, die ich nun auch langsam erkunde, genieße ich es immer wieder, nach Südmumbai zu kommen. Nicht nur, weil dort so viele der anderen Inbounds anzutreffen sind, sondern auch, weil es einfach so viele Sehenswürdigkeiten gibt und natürlich das Meer. Auch fühle ich mich dort nicht so allein – Im Süden finden sich immer helhäutige Touristen, manchmal sogar mit Shorts und Ausschnitt.
Fast alle Mumbai-Austauschschüler haben sich am Montag für eine Sightseeing Tour getroffen. Wir haben Dhobitalao gesehen, ein Armenviertel, in dem die Menschen, um Geld zu verdienen, anderer Leute Wäsche waschen und zum Trocknen auf ihren Dächern aufhängen. Der Bereich ist zwar nicht zugänglich, aber wir hatten einen guten Blick darauf und haben manche Fotos von den leuchtend weißen Hemden gemacht, die über den baufälligen, schmutzigen Baracken hingen. Es ist mir ein Rätsel, wie die Kleider, unter diesen Umständen gewäschen, so sauber werden können.
Dann sind wir zur Haji Ali Moschee gefahren. Sie liegt praktisch im Meer und man muss, um zu ihr zu gelangen, einen Steg entlanglaufen, der fast bis zum Ende hin von Bettlern und Händlern zum Geldmachen genutzt wird. Sollte er ursprünglich einmal zur Besinnung vor dem Betreten der Moschee dienen, so ist diese Zeit wohl vorbei. Zu gerne schaut man sich links und rechts die funkelnden Ringe oder weichen Schals an. Bei der Moschee angelangt, gab es eine Menge Fotos und, in kleineren Grüppchen, sahen wir uns das „Allerheiligste“ an. Mädels und Frauen müssen sich davor ein Tuch um den Kopf tun, was sehr zur Belustigung der Jungs beitrug.
Die dritte Station dieses Tages war der Mahalaxshmi Tempel. „Maha“ bedeutet groß, „Laxshmi“ ist die Göttin des Reichtums. Sie wird in der Mitte der Anlage mit drei goldenen Köpfen gezeigt, und selbst an einem Nichtfeiertag gab es eine große Schlange von Menschen, die dem Abbild Opfer darbrachten. Im Gegenzug dafür bekamen sie eine halbe Kokusnuss, Zuckerstücke und Blumen.
Der „Tempel“ besteht also eigentlich aus diesem Gebäude als Zentrum, einigen kleinen Häuschen drum herum, in denen andere Götterstatuen gezeigt werden (z. B. Hanuman, der Affengott) und selbst eine Kantine für all die Angestellten ist zu finden.

Im kleinen Restaurant, in dem wir zuletzt einkehrten, erfrischten wir uns alle mit frischen Säften und indischen Snacks. Dann ging es wieder zur Zugstation und wir verabschiedeten uns mit einem fröhlichen „See you tomorrow!“, denn am nächsten Tag feierten wir, auf Vorschlag der drei Mexikaner, den Mexikanischen Unabhängigkeitstag.

Gestern habe ich das erste Mal meinen Vortrag über Deutschland gehalten, in einem College, in dem mich bis dahin niemand kannte und ich kannte erst recht niemanden, außer die Lehrerin, die mich dafür angefragt hatte. Sie unterrichtet Deutsch und ist auch in meinem Rotaryclub. Ich war zwar nicht nervös, aber es war so warm! Am Ende waren doch alle zufrieden und haben noch viele, viele Fotos von der verschwitzten Anthea gemacht.

Der Monsun ist jetzt wirklich zu Ende. Der Himmel ist blau, nur ein paar Schäfchenwolken ziehen manchmal vorbei. Die Farben auf den Straßen leuchten nun umso intensiver und man muss nicht mehr so auf matschige Pfützen auf der Straße achten. Eigentlich wäre nun die richtige Zeit für Sonnencreme, aber man schwitzt hier einfach so viel, dass ich mir wohl besser einen Sonnenhut zulege.

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Rotary-Austauschschülerin nach Mumbai