Freitag, 2. Oktober 2009

...Dassera

Dienstag, 29. September 2009
Mulund


Gestern hat Nauratri mit grossem Laerm sein Ende genommen. Das Ende und zugleich der Hoehepunkt der "neun Naechte" findet am zehnten Tag statt. Zwar wird nun nicht mehr so viel getanzt, aber die Trommeln werden umso lauter gespielt, waehrend viele Durgastatuen, wie auch die Ganeshaidole vor ungefaehr einem Monat, im Wasser versenkt werden. Die Prozessionen auf dem Weg zum See oder Meer sind denen an Ganpati sehr aehnlich, nur die Lieder und eben die Idole sind verschieden. Ganze Familien machen sich auf den Weg, um dem Versenken zuzusehen und singen dabei, tanzen und lassen Gloeckchen klingeln. Durga wird entweder von ehrenhaften Maennern getragen oder auf einem Wagen geschoben, manche Familien richten ihr auch einen Platz im Kofferraum ihres PKWs ein, wenn der Weg zum Wasser zu weit ist. Viele Prozessionen hinterlassen eine rosarote Spur auf der Strasse - Das kommt vom Pulver, das die Menschen zu solchen Festlichkeiten auf jeden Beteiligten werfen. Besonders Blonde muessen hier aufpassen; die Kleidung, bekommt man, einmal pink, naemlich nicht mehr sauber und helles Haar verliert auch nach dem dritten Waschen noch nicht seinen roetlichen Stich. Hier spreche ich zum Glueck nicht aus Erfahrung, aber ein Kanadier, der auch in Mulund wohnt, war statt blond fuer mindestens eine Woche rothaarig.

Eine andere Attraktion am Abend von Dassera ist die Verbrennund von Idolen des Daemons Ravan. Ich war gestern auch dabei, als eine der vielen graesslichen Statuen vernichtet wurde - und wie! Das Geschehen war begleitet von Feuerwerk, und die bestimmt 15m hohe Figur mit ihrer hassverzerrten Grimasse war unerwarteterweise gefuellt mit Sprengstoff, sodass der Daemon nicht lange zu leiden hatte. Mit ohrenbetaeubendem Laerm und einer nie zuvor gesehenen Feuerwolke feierte man den Sieg des Gottes Ram ueber das Boese. Bei den vielen Menschen, die zusahen, darunter viele Kinder, kam es mir doch sehr undeutsch vor, dass es keine Absperrung vor dem Feuer gab. Inder scheinen solch eine Explosion wohl irgendwie besser einschaetzen zu koennen, ich war jedenfalls froh, dass ich eine grosse Entfernung zum Geschehen hatte. Und sehen konnte ich trotzdem - Manchmal kommt mir meine Groesse eben doch zugute.

Der ruhige, andaechtige Teil von Dassera findet tagsueber, also vor diesem Spektakel statt. Dassera ist ein sehr gluecksverheissender Tag, darum nutzen ihn die Inder zum Beispiel um mit dem Erlernen einer neuen Fertigkeit zu beginnen. Wer gestern angefangen hat, zu tanzen, zeichnen, neue Sprachen oder ein neues Musikinstrument zu lernen, dem ist der Erfolg schon so gut wie sicher. Auch fuer jede Art von Neuanschaffung ist nun der richtige Zeitpunkt. Wo Inder frueher in Gold investiert haben, kaufen sie nun Elektronikware, Moebel oder gar ein neues Auto. Auch ich habe Extra-Taschengeld von meinen Gasteltern bekommen, von dem ich mir ein paar neue Klamotten gekauft habe; inzwischen weiss ich ja, wo und wie ich sie zu einem guten Preis in meinen Besitz bringe.
Doch ob neu gekauft oder schon alt bewaehrt - an Dassera werden Utensilien jeder Art verehrt. Dies wiederum kommt von einer Geschichte der Indischen Mythologie: Fuenf Geschwister kaempften einst gegen ihre 100 Mann. Sie verloren und wurden zur Strafe ueber 13 Jahre im Dschungel verbannt. Waehrend des 14ten Jahres durften sie im Dorf noch nicht wiedererkannt werden, mussten sich also verkleiden, andere Berufe vortaeuschen und auch ihre Waffen verstecken, da diese sozusagen deren Markenzeichen waren. Sie waehlten einen Aapa-Baum aus, unter dem sie ihre Messer und Schwerter legten. Als sie nach einem Jahr zum selben Baum zurueckkehrten, um sich fuer einen erneuten Kampf gegen die gleichen Maenner zu ruesten, die naemlich den Koenig angegriffen hatten, gewannen sie dank der Kraft des des Aapa-Baumes, die ihre Waffen nun innehatten.
An Dassera werden darum nicht nur alle Dinge verehrt, die fuer die Ausuebung alltaeglicher Taetigkeiten notwendig sind - Selbst Autos, Rickshas und Zuege werden mit Blumenketten behaengt -; Inder schenken sich, in Erinnerung an diese Geschichte, die herzfoermigen Blaetter von Aapa-Baeumen. "Sona" werden sie genannt, was uebersetzt Gold bedeutet.

So viele verschiedene Aspekte von nur einem Tag! Neues lernen, Neues kaufen und Gegenstaende die Ehre geben (was mich als Christrin doch ziemlich befremdet hat), "Sona"-Blaetter schenken und geschenkt bekommen und, nicht zu vergessen, die aufwendigen Durgaversenkungen und Rabanverbrennungen. Dassera ist ein voller Tag, fuer den Inder einer der Tage, die am meisten Glueck im ganzen Jahr versprechen. Nun ist erstmal Ruhe vom ganzen Feiern - zumindest fuer zwei Wochen...!

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Rotary-Austauschschülerin nach Mumbai