Freitag, 11. Dezember 2009

Wüstentrip Rann Utsav

Freitag, 4. Dezember 2009

Gujarat


Scheinbar unendlich zieht sich der feine Sand bis an den vom Staub verwischten Horizont. Außer verdorrten Büschen, die einem höchstens bis ans Knie reichen, Sand und ein paar verlorenen Steinen gibt es in der Wüste Gujarats nichts als prallen Sonnenschein und Stille.

...Naja, so still ist es gar nicht, denn wir Austauschschüler sind wieder unterwegs! Diesmal sind wir zu einem Festival namens “Rann Utsav”eingeladen worden, das drei Tage andauert und uns mit der Weite der Wüste und mit dem Gebiet Gujarat, der Heimat Gandhis, bekannt machen soll.

Das Programm begann schonmal gut: Wir wurden in Zweiergruppen eingeteilt und in Zelte eingewiesen. Wir hatten vorher schon gehört, dass wir die Zeit über in Zelten übernachten würden und hatten uns ein Zeltlager mitten in der Wüste etwa wie ein klappriges Holzgestell mit Lumpen überdeckt vorgestellt, Wasser holt man sich am Brunnen und alle zwei Stunden muss man die Heringe wieder in den Sand zurücktreten weil der Wind so stark ist. Zum Glück haben wir uns ganz gewaltig geirrt! Unsere Zelte waren kleine Bungalows, man konnte nicht nur aufrecht darin stehen, es hatten gar zwei wunderbar weiche und fertig bezogene Betten, ein kleiner Tisch, ein Heizkörper für die kalten Nächte und eine Bank für die Koffer Platz. Das Beste aber war der hintere Teil des Zeltes, das Badezimmer, das man mit einem Reisverschluss flugs vom “Wohnbereich” abtrennen konnte. Es beinhaltete ein Waschbecken, eine westliche (!) Toilette und eine Dusche bestehend aus einem Duschkopf, einem Wasserhahn und Eimern. Es gab sogar warmes Wasser, das allerdings eher sandfarben als durchsichtig war. Aber kalt duschen stärkt ja bekanntlich die Abwehrkräfte!

Nein, wir konnten uns wirklich nicht beklagen. All unsere Zelte standen in einer Reihe und lagen außerdem sehr nah an denen der Austauschschüler aus Pune und anderen Teilen Indiens, die auch zum Festival angereist waren und mit denen wir schnell Bekanntschaft machten.

Schon am ersten Abend fuhren wir zum Hamirsar See in Bhuj, wo wir der Rede des Indischen Chief Minister Narendra Modi lauschten und einem Karnevalszug zusahen, der mitsamt Tanz, lauter Trommelmusik und Gesang, geschmückten Kamelen und Pferden und dem abschließenden Feuerwerk schon spektakulär war. Zwischendurch wurden wir mit Studentenfutter und Wasser versorgt, allein an Pullis oder Wolljacken fehlte es, da zumindest wir Mumbaianer nicht mehr an Abendfrische gewöhnt waren. Wirklich, so heiß es tagsüber auch sein mochte, des Nachts war jeder froh über sein Heizöfchen und die flauschigen Decken, die im Zelt für uns bereit lagen.

Der zweite Tag begann mit einer Wüstentour bis an die Grenze zu Pakistan, bei der wir den See Narayan Sarovar sahen, der mich unmittelbar an den Aralsee erinnerte. Es lag eine breite, schneeweiße Salzschicht zwischen Wasser und Sand, der man angesichts der prallen Sonne fast beim größer werden zusehen konnte. Abends konnte man dann das Salz, das man mittags von Weitem bestaunt hatte, sogar fühlen: Auf dem “White Rann”, einem Teil der Wüste Gujarats, der ganz von Salz bedeckt ist, fand ein Kulturprogramm statt. Zitterspiel und der Gesang alteingesessener Gujaratis zu Khataktanz zeigte uns, “wie die Wüste klingt”. Wir versuchten, den Abend so gut es ging mit unseren Kameras einzufangen, doch war es kaum möglich – das Salz unter den Füßen, einen violetten Himmel mitsamt Vollmond und dieses unglaubliche 360°-Und-Nichts-Als-Kamele-Am-Horizont-Gefühl fassen nicht einmal echte Kreuznacher Linsen der Firma Schneider.

Am letzten Tag wurden wir zu einer alten Villa mitgenommen, die einst von Britischen Adeligen erbaut und eingerichtet worden war. Die hohe Zimmerdecke, die Möbel aus Ebenholz und ausgestopfte Tierköpfe an der Wand verliehen dem Wohnzimmer einen Europäischen Charakter, sodass man Indien für einen kurzen Moment vergaß. Um Mitbringsel und Andenken zu kaufen fuhren wir nachmittags auf einen großen Markt, auf dem die typischen Textilien mit bunten Stickereien und eingearbeiteten Spiegelchen angeboten wurden. Ob Tisch- oder Bettdecken, Jacken oder Taschen in verschiedenen Formen und Farben; alles war mühsame Handarbeit, die sich die Verkäufer hoch bezahlen ließen. Auch gab es Holz- und Lederwaren, Schmuck und große, reichlich verzierteTontöpfe, die sich leider nicht so gut zum Mitnehmen eigneten.

Den letzten, etwas trübseligen Abend, da der Abschied von den anderen Austauschschülern kurz bevor stand, verbrachten wir am Strand. Hatten manche von uns bisher noch auf keinem Kamel gesessen, so war dies die ultimative Gelegenheit! Wie bestellt schienen bestimmt 20 Kamele nur darauf zu warten, uns dem immer dunkler werdenden Himmel ein Stück näher zu bringen. Oder besser: Ihre Herrchen scheinen schon zu wissen, wo Touristen gerne den Abend verbringen.

Unser Aufenthalt endet mit einem Rotarytreffen des Clubs, der uns zu diesem Festival eingeladen hatte. Das Feedback der letzten Tage ist überaus positiv, wenn man vom Essen absieht. In Gujarati Küchen werden fast alle Gerichte ordentlich geschärft und/oder mit viel Fett zubereitet, sogar der Reis schwimmt in Öl. Doch wie zur Versöhnung gibt es nach dem Meeting Paubadji für alle – Weiches Weißbrot zu gekochtem, gut gewürztem Gemüse gibt es überall in Indien und schmeckt einfach immer gut.

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Rotary-Austauschschülerin nach Mumbai